Kommt in ganz Deutschland eine Ausgangssperre wegen des Coronavirus?

Das Coronavirus engt die Menschen in Deutschland schon jetzt in ihrer
Bewegung ein. Doch Bundeskanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten
prüfen, Beschränkungen landesweit noch zu verschärfen.

Berlin (dpa) - Die Menschen in Deutschland halten umfassende
Ausgangsbeschränkungen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie
weitgehend ein. Seit Samstag gelten in mehreren Bundesländern
verschärfte Regelungen. Die Straßen waren bundesweit leer. An diesem
Sonntag wollen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die
Ministerpräsidenten beraten, ob es bundesweit einheitliche Auflagen
geben sollen.

Unter Hochdruck arbeiteten die Ministerien weiter an Gesetzen mit
Rettungsmaßnahmen, die bereits kommende Woche beschlossen werden
sollen. Mit umfassenden Schutzschirmen und Rechtsänderungen will die
Regierung Unternehmen retten, Beschäftigte und Eltern bei
Kinderbetreuung vor großen Einkommensausfällen bewahren und Mieter
vor Kündigungen schützen.

Das Bundeskabinett will die Gesetzespakete am Montag beraten, am
Mittwoch soll der Bundestag und am Freitag der Bundesrat bereits
darüber abstimmen.

Die Lage in der Corona-Pandemie auf einen Blick:

AUSGANGSEINSCHRÄNKUNGEN

Bayern, das Saarland, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hamburg,
Niedersachsen, und Hessen haben ihre Bestimmungen verschärft. In
Bayern, wo das Verlassen der eigenen Wohnung nur noch mit triftigem
Grund erlaubt ist, hielten sich die Menschen zunächst weitgehend an
die neuen Bestimmungen, wie Landesinnenminister Joachim Herrmann
(CSU) dem Bayerischen Rundfunk sagte. «Es hat da und dort noch ein
paar Gruppen von Jugendlichen gegeben, die da irgendwo in der
Öffentlichkeit kleinere Partys durchgeführt haben. Die sind dann von
der Polizei nach Hause geschickt worden.» Im Saarland habe es in der
Nacht etwa 20 Verstöße meist von Jugendlichen gegeben, sagte ein
Polizeisprecher in Saarbrücken.

Sport und Spaziergänge an der frischen Luft bleiben weiter erlaubt,
wenn auch in der Regel alleine. In Bayern, Rheinland-Pfalz,
Niedersachsen, Hamburg und Hessen sind seit Mitternacht Restaurants,
Biergärten und Cafés für Gäste geschlossen. Außer-Haus-Lieferunge
n
und Take-away-Angebote sind weiter erlaubt.

ENTSCHEIDENDES WOCHENENDE

Nach Ansicht der Behörden kommen viele Bundesbürger den Aufrufen,
Abstand zu Mitmenschen zu halten, noch nicht ausreichend nach. «Zum
Schwur kommt es allerdings an diesem Wochenende: Jetzt muss sich
zeigen, dass alle den Ernst der Lage verstanden haben», schrieb
Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) bei Twitter. Auch
Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hatte den Samstag als wichtigen Tag
bei der Entscheidung über mögliche Ausgangssperren bezeichnet. «Wir
werden uns das Verhalten der Bevölkerung an diesem Wochenende
anschauen», sagte er dem «Spiegel».

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hofft auf ein
gemeinsames Vorgehen der Bundesländer. «Es haben gestern ja einige
nachgezogen», sagte er am Samstagmorgen dem Radiosender Antenne
Bayern. An dem Vorpreschen von Bayern bei Ausgangsbeschränkungen gibt
es Kritik, unter anderem von SPD und Grünen.

BUNDESHAUSHALT

Zur Linderung der Folgen der Corona-Pandemie plant die
Bundesregierung einen Nachtragshaushalt von 150 Milliarden Euro für
2020, wie Finanzminister Olaf Scholz (SPD) der «Frankfurter
Allgemeinen Sonntagszeitung» sagte. «Deshalb werden wir zeitweilig
die Grenze der Schuldenbremse überschreiten müssen.» Das Geld soll in

erster Linie dazu dienen, notleidenden Unternehmen mit Krediten und
ausgeweitetem Kurzarbeitergeld das Überleben zu sichern.

MIETER UND SCHULDNER

Mietern soll wegen Mietschulden in der Corona-Krise nicht gekündigt
werden dürfen. Gelten soll dies für Mietschulden aus dem Zeitraum vom
1. April bis 30. September 2020. Die Verpflichtung der Mieter zur
Zahlung der Miete bleibe aber im Grundsatz bestehen. Auch weiteren
Schuldnern, die vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, sollen
keine Folgen drohen. Darlehen sollen gestundet werden.

KURZARBEITERGELD UND ELTERN

Unternehmen sollen Beschäftigte leichter in Kurzarbeit schicken
können und erhalten dann die Sozialbeiträge voll erstattet. Für
Beschäftigte bedeutet dies: Sie bekommen 60 Prozent des Lohns, mit
Kindern 67 Prozent. Über eine Aufstockung sollen die Tarifparteien
verhandeln. Wenn Beschäftigte Kinder daheim betreuen müssen und der
Lohn ausfällt, soll es Hilfen geben. Familien mit kleinen Einkommen
sollen leichteren Zugang zum Kinderzuschlag bekommen.

INSOLVENZEN UND HAUPTVERSAMMLUNGEN

Ausgesetzt werden sollen die Insolvenzantragspflicht und die Verbote,
weiter Zahlungen zu leisten. Hauptversammlungen von Unternehmen
sollen online ohne Präsenzpflicht durchgeführt werden können. Auch
Genossenschaften und Vereine sollen leichter Versammlungen ohne
physische Präsenz abhalten können.

STRAFVERFAHREN

Gerichten soll erlaubt werden, die Hauptverhandlung für maximal drei
Monate und zehn Tage zu unterbrechen.

GESUNDHEITSWESEN

Hilfen für Deutschlands Krankenhäuser im Umfang von zunächst drei
Milliarden Euro sollen auf den Weg gebracht werden.