Appell der Getränkebranche: Bitte kein Leergut «hamstern»

In Zeiten der Angst vor dem Coronavirus scheinen einige Menschen
nicht nur große Sorgen zu haben, ihnen könnte das Toilettenpapier
ausgehen. Sie horten nach Einschätzung der Branche auch massenweise
Getränkekisten.

Reutlingen (dpa) - Die Getränkebranche appelliert an ihre Kunden,
Getränke trotz der Angst vor dem Coronavirus nicht massenweise in
Kellern und Kammern zu lagern. Es müsse ausreichend Leergut in den
Kreislauf des Mehrwegsystems zurückkommen, sagt Julian Schwarzat vom
Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels (GFGH). «Das
Mehrwegsystem ist ein Kreislaufsystem. Es ist darauf angewiesen, dass
Leergut wieder zurückgebracht wird.»

Verbraucher sollten beim Einkauf das genutzte Leergut bei Mehrweg -
Flaschen ebenso wie Kästen - «so bald wie möglich wieder über den
Handel zurückzubringen», fordern nun große Verbände wie der Deutsch
e
Getränke-Einzelhandel, der Bundesverband des Deutschen
Getränkefachgroßhandels (GFGH) und der Verband Deutscher
Mineralbrunnen in einer gemeinsamen Erklärung. Es gebe aber trotzdem
ausreichend Nachschub, versicherten die Branchenvertreter.

Angespannt sei die Lage vor allem beim Mineralwasser, wenngleich das
System nicht vor dem Kollaps stehe, betont Schwarzat. Es gebe keinen
Grund, kistenweise Flaschen zu horten.

«Mehrwegsysteme funktionieren nur, wenn das Leergut auch
zurückgegeben wird», warnt auch Ulrich Lössl, der Geschäftsführer
der
Bad Dürrheimer Mineralbrunnen Gesellschaft aus Baden-Württemberg. Der
Rücklauf von leeren Kisten sei derzeit wegen der wachsenden privaten
Lagerhaltung aber sehr schleppend. Die Bestände nähmen zusehends ab.
Der Bad Dürrheimer Mineralbrunnen füllt mehr als 70 Prozent seiner
Produkte in Glas-Mehrwegflaschen ab.

Die bayerische Firma Franken Brunnen verzeichnet nach Angaben einer
Unternehmenssprecherin bei manchen Marken über 50 Prozent mehr Absatz
als zu normalen Zeiten. «Wenn das so weitergeht, müssen wir uns etwas
überlegen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Nicht
ausgeschlossen sei zum Beispiel, dass man volle Flaschen nur noch
herausgebe, wenn Leergut in derselben Menge abgeliefert werde.

Ein findiger Getränkehändler aus Stuttgart verbindet die Sorge um das
Leergut unterdessen mit dem Run auf das Produkt der Stunde: «Kunden,
die bei uns Leergut zurückbringen, bekommen als Belohnung eine Rolle
Toilettenpapier», sagt Hans-Peter Kastner. Er habe gleich eine ganze
Ladung von dem begehrten Gut in Krisenzeiten im Internet bestellt.

Supermärkte bundesweit haben allgemein mit steigender Nachfrage nach
Lebensmitteln und Hygieneprodukten zu kämpfen. In Berliner
Supermärkten etwa übersteigt die Nachfrage in der Coronavirus-Krise
das Volumen des Weihnachtsgeschäfts deutlich. «Ein großes
Zentrallager am Berliner Stadtrand konfektioniert derzeit täglich
eine Menge von bis zu 700 000 Einheiten. Zu Weihnachten sind es nur
rund 250 000», sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes
Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen, am Samstag. Die Geschäfte
leiden demnach immer noch unter einem «irrationalen Abverkauf» von
Waren wie Toilettenpapier, Seife, Drogerieartikeln, Mehl und Pasta.

«Der Flaschenhals ist die Belieferung per Lkw», sagte Busch-Petersen.
«Es gibt nur eine begrenzte Anzahl von Fahrzeugen. Die Firmen
arbeiten mit Volldampf und Überlast». Fahrer aus Bereichen wie dem
Event- und Messebau würden die Lebensmittellogistik unterstützen, um
die Lieferketten aufrecht zu erhalten.