Klinikchef: Versorgung jetzt staatlich steuern - planbare OPs stoppen

In einem Appell an die Politik in Bund und Land sowie an andere
Krankenhäuser ruft der Chef der München Klinik dazu auf, die Häuser
vorzubereiten. Er sieht «sehr schwierige Zeiten» kommen.

München (dpa/lby) - Der Chef der München Klinik hat die Politik in
Bayern und im Bund dringend aufgefordert, bei der Vorbereitung der
Krankenhäuser auf eine Vielzahl schwer kranker Corona-Patienten noch
stärker die Führung zu übernehmen. Die Politik hätte früher schon

alle nicht notwendigen Operationen auch an privaten Krankenhäusern
untersagen müssen, sagte der Vorsitzende der Geschäftsführung des
bundesweit zweitgrößten kommunalen Klinikums, Axel Fischer.

Jede Klinik, die sich jetzt nicht vorbereite und verschiebbare
lukrative Operationen durchführe, handele unsolidarisch und
unverantwortlich. «Wir haben meines Erachtens noch höchstens zwei
Wochen Zeit, uns auf das, was kommen wird vorzubereiten», sagte
Fischer mit Verweis auf die steigenden Infektionszahlen. «Dann
rauschen wir in sehr schwierige Zeiten hinein.» Mitte April bis Mai
rechne er mit der zunächst dramatischsten Phase.

Eine Schätzung zu erwartender Zahlen vor allem von Intensivpatienten
wollte Fischer nicht abgeben. Es sei aber absehbar, dass auch in
Bayern die Kapazitätsgrenze erreicht und wahrscheinlich überschritten
werde. «Unsere Mitarbeiter werden über sich hinauswachsen müssen»,

sagte Fischer. Seit Wochen bereiten sich seine Häuser akribisch vor.
Wenn die Welle mit Wucht komme, werde das in Deutschland so weit
gehen, dass auch Ethikkommissionen Antworten geben müssten.

Trotz der ernsten Lage seien teils bis jetzt nicht unbedingt
notwendige Operationen durchgeführt worden, Knie-OPs- und sogar
Schönheits-OPs. «Das halte ich für einen Skandal. Wer jetzt noch
nicht den Knall gehört hat, dem ist nicht zu helfen.» Zudem sei dabei
Material verbraucht worden, das in den nächsten Wochen fehlen werde.

«Wir werden alle Kliniken brauchen», betonte Fischer. «Es werden zur

gleichen Zeit zu viele Kranke kommen.» Zudem gebe es weiter
Krebskranke mit teils unaufschiebbaren Operationen oder Patienten mit
Schlaganfall oder Herzinfarkt. Auch sie müssten versorgt werden. Es
müsse dann eine Arbeitsteilung zwischen den Kliniken in Deutschland
geben, die bisher in dieser Form in der täglichen Praxis nicht
existent sei. «Auch dafür ist die ordnende Hand des Staates gefragt.»


Der Freistaat müsse nun feststellen, wo wie viele Betten zur
Verfügung gestellt werden könnten und welches Krankenhaus welche
Anzahl von Fällen übernehmen müsse. Teils werde derzeit unkoordiniert

versucht, «irgendwie an Material zu kommen». «Auch das muss jetzt in

die Hand des Staates genommen werden.» Denn: «Wir werden die
Materialien sonst nicht an die richtigen Stellen bekommen.» Der Preis
sei mittlerweile ohnehin egal. Die München Klinik habe zwar 200
Beatmungsgeräte bestellt, sie seien aber nicht sofort lieferbar.

Jeder Mitarbeiter bekomme derzeit nur einen Mundschutz pro Tag. Dabei
werde in den Kliniken weiter gestohlen: Mundschutz, Desinfektion -
und auch Klopapier. Es gebe viel zu wenig Labortests. Auch hier sei
eine Priorisierung nötig. Der Staat müsse zudem die privaten Labore
verpflichten. Andernfalls drohten chaotische Zustände.

An der München Klinik gebe es seit drei Wochen einen Krisenstab. Alle
anderen Projekte ruhten. Zusätzliche Mitarbeiter würden rekrutiert,
darunter viele Freiwillige, etwa Studenten oder Ärzte im Ruhestand.
Sie würden intensiv auf den Einsatz vorbereitet. Das müsse dringend
auch an anderen Krankenhäusern geschehen, etwa auch an Rehakliniken.
Dort sei das Personal nicht auf hochinfektiöse Patienten vorbereitet.

Wer jetzt infiziert sei, merke es erst in sieben bis 14 Tagen. Für
die Ausgangsbeschränkung sei es «allerhöchste Zeit» gewesen, sie se
i
«genau die richtige Entscheidung.»