Boeing streicht Chefgehälter, Dividende und Aktienrückkäufe

Schon vor der Coronavirus-Pandemie steckte Boeing tief in der Krise.
Jetzt ist der Konzern gezwungen, um milliardenschwere Staatshilfen zu
buhlen - und will zeigen, dass er auch zu Einschnitten bereit ist.

Chicago (dpa) - Die Coronavirus-Krise zwingt den angeschlagenen
US-Luftfahrtriesen Boeing zu weiteren Einschnitten. Der Airbus-Rivale
teilte am Freitag mit, dass Vorstandschef Dave Calhoun und
Verwaltungsratsvorsitzender Larry Kellner bis zum Jahresende keine
Bezahlung mehr erhielten. Zudem setzt der Flugzeugbauer seine
Dividendenzahlung bis auf Weiteres aus und lässt sein bereits seit
April 2019 ruhendes Aktienrückkaufprogramm noch länger pausieren.

«Boeing zehrt von all seinen Ressourcen, um den Betrieb fortzusetzen,
Beschäftigte und Kunden zu unterstützen, und die Lieferkette in der
Coronavirus-Krise aufrechtzuerhalten», teilte der Konzern mit.

Boeing steht ohnehin mit dem Rücken zur Wand. Seit zwei
Flugzeugabstürzen mit insgesamt 346 Toten gelten für das bis dahin
meistgefragte Boeing-Modell 737 Max weltweit Flugverbote. Der
Hersteller kann seitdem keine Mittelstreckenjets der Reihe mehr
ausliefern, hat aber noch rund 400 Maschinen gebaut, ohne dass dem
nennenswert Einnahmen gegenüberstanden. Das Unternehmen bezifferte
die Belastung durch das 737-Max-Desaster zuletzt auf rund 18
Milliarden US-Dollar (16,8 Mrd Euro). Wann die Startverbote
aufgehoben werden, ist weiterhin offen. Zuletzt hatte Boeing auf
Mitte des Jahres gehofft.

Die Folgen der Coronavirus-Pandemie für die Produktion und die
Finanzlage von Fluggesellschaften weltweit bringen den Luft- und
Raumfahrtkonzern nun in noch größere Not. Das Management wirbt um
milliardenschwere Staatshilfen. Diese würden der gesamten Industrie
zugutekommen, da ein großer Teil davon für Zahlungen an Zulieferer
eingesetzt würde, argumentierte Boeing vor wenigen Tagen.

Die weitreichenden Einschränkungen im weltweiten Flugverkehr treffen
vor allem die Kunden von Boeing und Airbus schwer. Der
Lufthansa-Konzern etwa streicht in den kommenden Wochen rund 95
Prozent seiner Flüge und plant Kurzarbeit für einen Großteil der
Beschäftigten. Europas größter Billigflieger Ryanair lässt ab 24.
März voraussichtlich alle oder fast alle Maschinen am Boden. Der
Weltluftfahrtverband IATA schätzt, dass Fluggesellschaften weltweit
insgesamt bis zu 200 Milliarden Dollar Nothilfe benötigen, um die
Krise zu überleben.

Airbus und Boeing müssen damit rechnen, dass Airlines bestehende
Flugzeugbestellungen jetzt stornieren oder die Auslieferung in die
Zukunft verschieben. Lufthansa-Chef Carsten Spohr sagte jüngst, dass
der Konzern derzeit überhaupt keine neuen Maschinen gebrauchen könne,
da die bestehende Flotte von 763 Flugzeugen fast komplett am Boden
stehe. Die Lufthansa verhandle bereits mit beiden Herstellern
darüber, dass sie bestellte Maschinen erst später abnehme. Bei Boeing
hat die Lufthansa Großraumjets der Typen 777X und 787 «Dreamliner»
geordert, bei Airbus Großraumjets vom Typ A350 und Mittelstreckenjets
aus der A320neo-Modellfamilie.