Landesregierung macht Weg für Wirtschaftshilfe frei

Vor allem kleinen Thüringer Unternehmen soll in der Corona-Krise
schnell geholfen werden. Die Landesregierung gab grünes Licht für ein
Soforthilfeprogramm. Zugleich rechnet die Finanzministerin mit
sinkenden Steuereinnahmen.

Erfurt (dpa/th) - Um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise in
Thüringen einzudämmen, hat die Landesregierung ein
Soforthilfeprogramm für Solo-Selbstständige und Unternehmen mit bis
zu 50 Beschäftigten auf den Weg gebracht. Damit soll Firmen, die
wegen der Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus in Notlage
geraten sind, unter die Arme gegriffen werden. «Der Schutzschirm für
kleine Unternehmen, Freiberufler, Selbstständige und weitere
Berufsgruppen kommt», sagte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang
Tiefensee (SPD) am Freitag in Erfurt.

Das Antragsformular soll ab Montag online auf der Internetseite der
Thüringer Aufbaubank abrufbar sein. «Wir rechnen mit 1500 Anträgen
täglich, insgesamt bis zu 20 000 Anträge», sagte Tiefensee. Auch an
Einzelunternehmen sowie an die wirtschaftsnahen freien Berufe und die
Kreativwirtschaft richtet sich das Programm. Laut Ministerium
belaufen sich die Fördersummen abhängig von der Beschäftigtenzahl auf

bis zu 30 000 Euro.

Tiefensee zeigte sich optimistisch, dass es für die Thüringer
Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft auch Hilfe vom Bund geben
wird. «Wir sind zuversichtlich, dass das Kabinett und auch der
Bundestag in der nächsten Woche ein Zuschussprogramm auf den Weg
bringt.» Für das Soforthilfeprogramm sei in Thüringen voraussichtlich

kein Nachtragshaushalt nötig.

Der SPD-Politiker appellierte an die Unternehmen im Freistaat,
Auszubildende auch während der Corona-Krise weiter zu beschäftigen.
«Ich bitte die Unternehmen, die Auszubildendenverträge nicht zu
kündigen», sagte Tiefensee. Man arbeite an einer Lösung, damit
Kurzarbeitergeld auch für Auszubildende möglich werde.

Zudem wies er darauf hin, dass nach Plänen seines Ministeriums
Unternehmen neben den direkten Zuschüssen in Form der Soforthilfe
auch schnellen Zugang zu Darlehen und Beteiligungen bekommen sollen.

Derweil sehen sich in Thüringen wegen der Corona-Krise immer mehr
Betriebe zu Kurzarbeit gezwungen. Die Zahl der Anzeigen hierzu sei
rasant gestiegen, teilte die Landesarbeitsagentur mit. Fast 3000
Unternehmen hätten in dieser Woche den hiesigen Arbeitsagenturen
Kurzarbeit wegen der Ausbreitung des Coronavirus angezeigt. Zum
Vergleich: Im Jahr 2019 gab es in Thüringen insgesamt 650 Anzeigen
für konjunkturelles Kurzarbeitergeld. Wie viele Beschäftigte nun
betroffen sind, konnte die Landesarbeitsagentur noch nicht sagen.

Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber stünden vor erheblichen
finanziellen und teils existenziellen Herausforderungen, sagte der
Geschäftsführer der Regionaldirektion, Markus Behrens. «Wir werden
alle Betroffenen in dieser besonderen Situation unterstützen, um
Entlassungen von Beschäftigten möglichst zu vermeiden.»

Thüringens Finanzministerin Heike Taubert (SPD) rechnet wegen der
Corona-Krise mit Steuerausfällen für das Land. «Mit Sicherheit muss
man damit rechnen, dass Steuermindereinnahmen vorhanden sein werden»,
sagte Taubert der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings sei völlig
unklar, in welchen Größenordnungen weniger Steuern in die Kassen
gespült werden. «Wir können noch keine Prognosen machen.» Man müs
se
auch abwarten, ob der Höhepunkt der Erkrankungswelle nach Ostern
bereits vorbei sei. «Es hängt entscheidend davon ab, wie lange die
Verringerung des öffentlichen Lebens andauert», sagte Taubert.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) forderte die
Menschen mit Nachdruck dazu auf, wegen der Gefahr einer Infektion mit
dem Coronavirus sich nicht in Gruppen zu treffen. «Es ist einfach
notwendig, jetzt das öffentliche Leben gegen Null zu fahren und man
einen Grund braucht, warum man sich öffentlich bewegt», sagte Ramelow
in einem Interview im ZDF-Mittagsmagazin. Es sei notwendig, die
Infektionswege zu unterbinden. «Wer sich jetzt schützt, schützt auch

andere», sagte Ramelow und betonte, dass es derzeit das Beste sei,
sich so wenig wie möglich im öffentlichen Raum zu bewegen.

Ramelow machte deutlich, dass dies noch nicht alle Menschen
verstanden hätten. In Thüringen seien die Innenstädte in den letzten

Tagen teils noch prall gefüllt gewesen. «Ich freue mich über jeden
Frühling. Ich freue mich darüber, wenn schönes Wetter ist. Aber im
Moment bete ich zum lieben Gott, dass es regnet, dass es den ganzen
Tag regnet», sagte Ramelow.

In einem Gespräch mit dem Sender MDR Aktuell schloss Ramelow lokale
und regionale Ausgangssperren zur Verhinderung einer weiteren
Ausbreitung des Coronavirus nicht aus. Was Ausgangssperren angehe,
sei man im Moment noch skeptisch, sagte Ramelow. Zunächst solle
weiter das öffentliche Leben heruntergefahren werden. «Ich will aber
nicht ausschließen, dass auch hier lokal oder regional abgeriegelt
werden muss, wenn Infektionsherde entstehen», so Ramelow. Ein
Regierungssprecher sagte, Ausgangssperren seien «das letzte Mittel».
Zunächst müssten die bisher getroffenen Maßnahmen eine Wirksamkeit
entfalten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Sonntag mit den
Bundesländern über die weiteren Schritte beraten.