Corona-Regeln weiter verschärft - Debatte über Ausgangsbeschränkungen

Alle Gaststätten werden geschlossen. Im Saarland wird eine
Ausgangsbeschränkung eingeführt, in Rheinland-Pfalz darf es keine
Treffen mit mehr als fünf Personen mehr geben. Am Sonntag wird
geprüft, ob die Schrauben noch weiter angezogen werden.

Mainz (dpa/lrs) - Die Corona-Krise schränkt das öffentliche Leben in
Rheinland-Pfalz und im Saarland weiter ein. Beide Landesregierungen
beschlossen am Freitag zusätzliche «harte Einschnitte», wie es
Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in einer Online-Pressekonferenz
nannte. Die Regierungschefin hatte nach Angaben der Staatskanzlei
«möglicherweise mittelbaren Kontakt mit einer infizierten Person».
Deshalb wurden zusätzliche Schutzvorkehrungen für sie umgesetzt. Die
jüngsten Entwicklungen im Überblick:

AUSGANGSBESCHRÄNKUNG: Das Saarland hat sich mit Blick auf die Nähe zu
Frankreich dazu entschlossen. Auch nach der Ausgangsbeschränkung
seien gemeinsame Spaziergänge mit der Familie möglich, versicherte
Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in Saarbrücken. Rheinland-Pfalz
verzichtet noch auf «das scharfe Schwert», so die Staatskanzlei in
Mainz. CDU-Fraktionschef Christian Baldauf sprach sich für
Ausgangsbeschränkungen nach dem Vorbild der Stadt Freiburg aus -
dabei müsse natürlich die Möglichkeit zum Einkauf und zur Arbeit
sowie der Kontakt mit der Familie gewahrt bleiben. Die Stadt Landau
sowie die Kreise Südliche Weinstraße und Germersheim schlossen sich
dem Beispiel von Freiburg an und untersagten ab Samstag das Betreten
öffentlicher Orte.

VERSAMMLUNGEN - Alle Treffen von mehr als fünf Menschen sind in
Rheinland-Pfalz untersagt. Damit wurde die vor einer Woche
beschlossene Verfügung zu Versammlungen ab 75 Teilnehmern noch einmal
drastisch verschärft.

LEBENSMITTELEINKAUF: Ernährungsministerin Ulrike Höfken (Grüne) hat
die Einzelhandelsbetriebe aufgerufen, den größtmöglichen Schutz für

Personal und Kunden zu gewährleisten. Nur so viele Menschen sollten
gleichzeitig in ein Geschäft gelassen werden, dass Abstände von einem
bis zwei Metern gewahrt blieben.

GASTRONOMIE - Ab diesem Samstag werden alle Gaststätten in beiden
Bundesländern geschlossen. Dafür hatte sich auch der Hotel- und
Gaststättenverband Rheinland-Pfalz stark gemacht - mit ihren
«menschenorientierten Dienstleistungen» sei die Gastronomie einem
besonders hohen Infektionsrisiko ausgesetzt.

KONTROLLEN - Viele Bürger hätten sich in großer Verantwortung an die

bisher verfügten Einschränkungen gehalten, sagte Dreyer. Man habe
allerdings auch feststellen müssen, dass es ganz viele Menschen gebe,
die sich anders verhielten und Partys feierten an der Mosel oder am
Rhein. Mehrere Städte berichteten am Freitag von vereinzelten
Verstößen gegen die Bestimmungen in der Corona-Krise. Die Stadt
Koblenz will mit Platzverweisen und Bußgeld-Verfügungen dagegen
vorgehen.

ÖPNV: Ab kommendem Montag soll es nach Angaben des
Verkehrsministeriums auf allen Bahnstrecken nur noch ein reduziertes
Angebot geben. Die Züge sollen aber mindestens stündlich verkehren.
Bei Bussen und Stadtbahnen soll in der Regel der Ferienfahrplan
gelten.

INFEKTIONEN - Es sei nicht überraschend, dass die Fallzahlen weiter
stiegen, sagte Dreyer. Am Freitag waren es 890 und damit mehr als
doppelt so viele wie noch am Dienstag. «Unser Ziel ist, dass wir den
Anstieg verlangsamen.» Bislang sind in Rheinland-Pfalz zwei Menschen
an der durch das Coronavirus verursachten Krankheit Covid-19
gestorben - eine 84-jährige Frau im Westerwaldkreis und ein
80-jähriger Mann aus dem Kreis Mayen-Koblenz. Die Zahl der
bestätigten Infektionen im Saarland stieg auf 217 (Stand Donnerstag
15 Uhr).

SCHUTZMASKEN - Angesichts der steigenden Zahl von Corona-Patienten
bemühen sich alle Kliniken intensiv um Nachschub bei Schutzkleidung
für Ärzte und Pflegekräfte. Vor allem Schutzmasken würden knapp,
sagte der Geschäftsführer der Saarländischen Krankenhausgesellschaft,

Thomas Jakobs. Es gebe «eine Reihe von Krankenhäusern, die nur noch
Vorräte für vier, fünf, sechs Tage» hätten. «Wir warten dringen
d
darauf, dass wir vom Bundesgesundheitsministerium die versprochenen
Ausrüstungen, vor allem Schutzmasken, bekommen.»

UNTERNEHMEN - «Die wirtschaftlichen Folgen können verheerend sein»,
sagte Wirtschaftsminister Volker Wissing (FDP). Viele Betriebe seien
«hart, zum Teil sehr hart betroffen». Die entstandenen Probleme
sollten im Gleichklang mit der Bundesregierung gelöst werden, damit
in Deutschland kein regionaler Flickenteppich entstehe. Das von der
Bundesregierung geplante Zuschussprogramm für Betriebe bis zu zehn
Beschäftigten solle auch sehr kleinen Unternehmen helfen, für die das
Kreditprogramm nicht ausreiche. Enttäuscht zeigte sicht der Bund der
Selbständigen Rheinland-Pfalz & Saarland - nötig seien auch konkrete
Hilfen der Landesregierung.

LANDTAG - Die Abgeordneten wollen am Freitag nächster Woche zu einer
Sondersitzung zusammenkommen, um den Nachtragshaushalt zur Bekämpfung
der Corona-Krise so schnell wie möglich zu verabschieden. Das
Ausgabengesetz mit einem Umfang von 650 Millionen Euro soll die
Mehrausgaben im Gesundheitswesen und zusätzliche Bürgschaften für
Landeskredite an Unternehmen abdecken. Der Landtag will eine Lösung
mit dem Ziel finden, dass nicht alle 101 Abgeordneten an der Sitzung
teilnehmen müssen, aber Beschlussfähigkeit und die Abbildung der
Mehrheitsverhältnisse gewahrt bleiben.

AUSBLICK: Am Sonntag wollen die Bundesländer mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel (CDU) «klären, ob die Maßnahmen ausreichen», wie Drey
er
mitteilte.