Günther will Ausgangssperre für Schleswig-Holstein vermeiden

Noch keine Ausgangssperre in Schleswig-Holstein: Die Landesregierung
setzt derzeit auf die Umsetzung der bisherigen Maßnahmen.
Ministerpräsident Günther mahnt Einhaltung der Regeln zur Eindämmung

des Coronavirus an.

Kiel (dpa/lno) - Bei der Eindämmung des neuartigen Coronavirus will
Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) in Schleswig-Holstein auf
drastische Ausgangsregelungen verzichten. «Unser Ziel ist es, auf
generelle Ausgangssperren, die im Moment diskutiert werden, zu
verzichten», sagte Günther am Freitag in Kiel. «Aber das können wir

nur, wenn sich alle auch an diese Regeln halten.» Er wolle eine
Ausgangssperre vermeiden, «weil es mir auch darum geht, dass die
Menschen natürlich an die frische Luft gehen».

Günther dankte allen Norddeutschen, die sich an die Regeln hielten,
um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. «Aber mein Appell
gilt jetzt auch all denjenigen, die glauben, dass sie sich an diese
Regeln nicht halten müssen. All das funktioniert nur, wenn wir alle
miteinander solidarisch sind und nicht nur ein großer Teil.»

Es gebe keine lange Testphase, «sondern es muss jetzt funktionieren»,
sagte Günther. Als «Schwachsinn» bezeichnete er es, Corona-Partys z
u
feiern. «All diejenigen, die im Moment noch glauben, dass es gut ist,
sich in großen Gruppen zu treffen - auch das bitte unterlassen, dann
funktioniert es eben nicht, die Ausbreitung des Coronavirus zu
verhindern.»

Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) verwies auf das im
Infektionsschutzgesetz vorgesehene Bußgeld von bis zu 25 000 Euro.
Wer Quarantäneanordnungen und das öffentliche Veranstaltungsverbote
missachte, begehe sogar Straftaten, sagte Grote. Die Polizei verfolge
solche Fälle. Im Falle einer Verurteilung drohten Freiheitsstrafen
von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe. «Diese Strafen haben
Gründe: Wer gegen diese Anordnungen verstößt, der gefährdet nicht n
ur
die Gesundheit von uns allen. Er erschwert auch denen, die in unserem
Gesundheitswesen derzeit ohnehin am Limit arbeiten, die Arbeit.
Halten Sie Abstand.»

Bayern hat am Freitag zur Eindämmung des Coronavirus weitreichende
Ausgangsbeschränkungen für den ganzen Freistaat angekündigt. Das
Verlassen der eigenen Wohnung ist ab Samstag nur noch bei Vorliegen
triftiger Gründe erlaubt. Dazu zählen unter anderem der Weg zur
Arbeit, notwendige Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Hilfe für
andere, Besuche von Lebenspartnern, aber auch Sport und Bewegung an
der frischen Luft - dies aber nur alleine oder mit den Personen, mit
denen man zusammenlebt. Auch andere Länger erwägen
Ausgangsbeschränkungen.

Für Schleswig-Holstein hatte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP) am
Donnerstagabend eine Ausgangssperre nicht grundsätzlich
ausgeschlossen. «Wenn sich die Menschen nicht an die bisher
beschlossenen Maßnahmen halten, dann ist als allerletztes Mittel oder
ein Mittel der Wahl auch eine Ausgangssperre denkbar», sagte Garg und
fügte hinzu: «Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, dass wir solche
Maßnahmen nicht brauchen und dass wir so gemeinsam daran arbeiten,
unser Leben auch wieder zurückbekommen.»

Die Zahl der bestätigten Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus
ist in Schleswig-Holstein binnen eines Tages um rund ein Viertel auf
321 Fälle gestiegen. Erfasst sind die bis einschließlich Donnerstag
gemeldeten Nachweise. 21 Patienten befinden sich mittlerweile in
klinischer Behandlung, wie das Gesundheitsministerium am Freitag
mitteilte. Bislang wurde weiterhin ein Todesfall im Zusammenhang mit
der Viruserkrankung gemeldet. Am Donnerstag hatte das Ministerium die
Zahl der Covid-19-Fälle bis einschließlich Mittwoch mit 253
angegeben.

Um konkrete Verdachtsfälle zu überprüfen, setzt die Kassenärztliche

Vereinigung neben den zehn Diagnosezentren mittlerweile auch einen
Corona-Testbus ein. Das mobile Testzentrum steht seit Mittwoch in
Flensburg, kann kurzfristig bei Bedarf aber auch an anderen Orten
eingesetzt werden, wie ein KVSH-Sprecher am Freitag sagte. Bis
Donnerstagabend wurden dort bereits rund 40 Menschen getestet.

Unterdessen wurden im Kreis Pinneberg laut Kreisverwaltung sogenannte
Corona-Partys unter freiem Himmel veranstaltet. «Das ist etwas, was
ich absolut verwerflich finde», sagte Rellingens Bürgermeister Marc
Trampe der Deutschen Presse-Agentur. Im Ortskern der Gemeinde hätten
am Mittwochabend fünf bis zehn Jugendliche Passanten mehrfach mit
Umarmungen provoziert und auch Sperrschilder abgerissen. Der
Pinneberger Landrat Oliver Stolz forderte Solidarität bei der
Einhaltung von Auflagen im Zuge der Corona-Krise. «Offensichtlich
will das nicht jeder verstehen.»

Innenminister Grote stellte klar, dass auch Verabredungen zu
Corona-Partys unter freiem Himmel unter das Verbot öffentlicher
Veranstaltungen fielen. «Für solche Aktionen habe ich überhaupt kein

Verständnis.»