Regierung reagiert auf Uneinsichtige und verbietet größere Gruppen

Gebetsmühlenartig wiederholt Winfried Kretschmann seine Forderung,
sich zum Schutz vor dem Coronavirus zurückzuhalten und zuhause zu
bleiben. Nach wie vor stößt er auf viele taube Ohren. Deshalb will
das Land jetzt durchgreifen und verschärft die Maßnahmen.

Stuttgart (dpa/lsw) - Baden-Württemberg schränkt das öffentliche
Leben wegen des Coronavirus weiter ein und verbietet größere
Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen. Damit sollen die
Infektionsketten durchbrochen und das Tempo der Ansteckungen
gedrosselt werden. Das Land müsse zu diesen noch härteren Maßnahmen
greifen, um die Menschen von Treffen abzuhalten, sagte
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am Freitag in
Stuttgart.

Er kritisierte die Verstöße gegen die bereits einschneidenden
Einschränkungen scharf: «Der Großteil der Bevölkerung hält sich
daran, aber es sind zu viele, die sich nicht daran halten», sagte er
und appellierte: «Sie gefährden andere und sich selbst.».

Nach der neuen Regelung sind Menschenansammlungen auf öffentlichen
Plätzen mit mehr als drei Personen nicht mehr erlaubt. Ausnahmen gebe
es für Familien und Paare. Gaststätten und Restaurants werden nach
Kretschmanns Worten von Samstag an schließen. Essen zum Mitnehmen sei
aber weiter erlaubt. Man müsse auf die Schwächsten in der
Gesellschaft Rücksicht nehmen, das seien die chronisch Kranken und
die Älteren. «Bleiben Sie daheim. Reduzieren Sie jetzt ihre
Kontakte», mahnte der Regierungschef.

CDU-Innenminister Thomas Strobl (CDU) kritisierte, es sei
«rücksichtlos und verantwortungslos», die Einschränkungen zu
missachten. Verstöße zum Beispiel gegen das neue Niederlassungsverbot
könnten mit Bußgeldern bis zu 25 000 Euro und auch mit mehrjährigen
Haftstrafen geahndet werden.

Die Bundespolizei habe den Grenzschutz weiter verstärkt, sagte
Strobl. «Wir haben inzwischen insgesamt 53 deutsche Grenzübergänge
komplett geschlossen.» Der weitere Grenzverkehr werde intensiv
kontrolliert, Berufspendler aus Frankreich seien aber ausgenommen.
Sie erhielten einen Passierschein, der sie aber nicht zum Einkaufen
in Deutschland berechtige. «Wenn wir den Eindruck gewinnen, dass es
nicht funktioniert und Unternehmen die Scheine zu großzügig
ausstellen, gibt es auch in diesem Bereich Verschärfungen der
Regelungen», warnte er.

Zuvor hatte bereits die Stadt Freiburg wegen der Corona-Pandemie ein
sogenanntes Betretungsverbot ausgesprochen. Es soll für öffentliche
Orte gelten - von diesem Samstag an bis zum 3. April. Wer sich im
Freien aufhalten möchte, dürfe das nur noch allein, zu zweit oder mit
Menschen, die im eigenen Haushalt lebten, so die Stadt. Auch
Leverkusen (Nordrhein-Westfalen) hat sich bereits für diesen Schritt
entschieden. Dort sind «Zusammenkünfte von zwei oder mehr Personen
unter freiem Himmel» untersagt. Ausnahmen gelten für Gruppen, die
zusammen wohnen, zum Beispiel Familien oder Wohngemeinschaften.

Kretschmann will zudem Voraussetzungen und Regelung einer
Ausgangssperre vorgreifend prüfen. Diese solle so schnell wie möglich
umgesetzt werden können, sollten die Ministerpräsidenten und die
Bundeskanzlerin am Sonntag zu dem Schluss kommen, dass dies
unabwendbar ist, hieß es am Freitag aus Regierungskreisen. Man setze
jedoch alles daran, eine solche Sperre zu vermeiden.

Mit drastischen Maßnahmen versuchen Bund und Land seit Tagen, die
Pandemie einzudämmen und die Infektionsketten zu unterbrechen. Die
Menschen sollen soweit wie möglich auf soziale Kontakte verzichten.
Doch angesichts des traumhaften Frühlingswetters missachten viele von
ihnen weiter die Einschränkungen. Sie sitzen in Cafés und Parks und
genießen die Sonne - und riskieren damit noch größere Einschränkung
en
ihrer Bewegungsfreiheit. Neben Baden-Württemberg reagierten am
Freitag auch Bayern, Rheinland-Pfalz und das Saarland mit weiteren
Einschränkungen für Versammlungen.