Spielerflucht, Finanzsorgen: Basketball-Betrieb droht Kollaps Von Lars Reinefeld und Florian Lütticke, dpa

Für einen Großteil der Clubs in der Basketball-Bundesliga geht es um
die nackte Existenz. Weil der Betrieb ruht, fließen keine Einnahmen.
Ein Worst-Case-Szenario. Und nun fliegen auch noch reihenweise Profis
zurück in ihre Heimat. Der Saison droht das Aus.

Berlin (dpa) - Bayern München gegen Rasta Vechta - auf diese Partie
hatten sich die Basketballer des niedersächsischen Underdogs und ihre
Fans seit Saisonbeginn gefreut. Doch anstatt wie ursprünglich geplant
am Sonntag den Titelverteidiger herauszufordern, sind Vechtas Profis
wie die gesamte Liga wegen der Coronavirus-Pandemie zum Nichtstun
verdammt - und stehen vor einer ungewissen Zukunft. «Die Situation
ist wirklich sehr ernst», sagte Vechtas Club-Boss Stefan Niemeyer.
«Auf uns allein gestellt, haben wir praktisch keine Chance, Rasta
Vechta am Leben zu erhalten.»

Die große Frage ist: Geht die Saison überhaupt weiter? Wenn ja, wann?
Und wie? BBL-Geschäftsführer Stefan Holz ist derzeit praktisch mit
nahezu stündlich wechselnden Fragezeichen konfrontiert. Der
Liga-Betrieb ist aktuell bis auf weiteres ausgesetzt, in der
kommenden Woche wollen die Liga und die Clubs erneut beraten, wie die
Spielzeit noch zu retten ist. «Wir haben verschiedene Szenarien für
den Spielplan, wann wir wieder einsteigen könnten», sagte Holz der
Deutschen Presse-Agentur. «Aber wir müssen die Clubs auch über den
Sommer bringen.»

Die Not bei einigen Vereinen ist aktuell so groß, dass vielleicht
schon schneller eine Entscheidung her muss - die dann Saisonabbruch
heißen könnte. Am Donnerstag teilte medi Bayreuth mit, dass mit
gleich vier Spielern aus den USA die Verträge aufgelöst wurden. «Wir

arbeiten weiter mit Hochdruck daran, den Basketball-Standort Bayreuth
überlebensfähig zu halten», sagte Geschäftsführer Björn Albrech
t zu
den Maßnahmen, die den Kader auf einen Schlag um ein Drittel
reduzierten.

Die Franken müssen dem Quartett damit keine Gehälter mehr bezahlen,
was angesichts fehlender Einnahmen aus Ticketing und Sponsoring
alternativlos ist. Doch auch eine menschliche Komponente spielt eine
gewichtige Rolle. «Es ist absolut verständlich, dass jeder Spieler in
dieser für uns alle immer noch surrealen Situation nicht tausende
Kilometer von seiner Familie entfernt sein möchte», sagte Bayreuths
Trainer Raoul Korner.

Martin Geissler, Geschäftsführer beim Syntainics MBC aus Weißenfels
,
setzt in der Krise auch auf eine Verständigung mit den Spielern.
«Sollten wir da keine Übereinkunft mit Spielern finden, dass sie
ihrem Club helfen wollen, wird es realistisch sehr, sehr schwer die
Saison zu überstehen», sagte Geissler der Deutschen Presse-Agentur.

Auch in Gießen, Göttingen und Braunschweig haben sich die
ersten Amerikaner mit aufgelösten Verträgen auf den Weg in die Heimat

gemacht. Alba Berlin hat seinen ausländischen Profis freigestellt,
während der Coronavirus-Krise in ihre Heimat zu reisen. Kapitän Niels
Giffey mag über eine Fortsetzung der Saison derzeit nicht nachdenken.
«Im Augenblick gibt es wichtigere Dinge. Es macht auch keinen Sinn
darüber zu philosophieren, wir wissen alle nicht, wie es weitergeht.»

Oldenburgs Geschäftsführer Hermann Schüller warnt vor zu schnellen
Entscheidungen. «Ich denke, wir sind noch ein Stück weit von einem
Shutdown wie im Eishockey entfernt und sollten uns noch etwas Zeit
geben», sagte Schüller. Bei den Oldenburgern sollen bis auf Weiteres
keine Verträge mit Spielern aufgelöst werden.

Gerade die Ungewissheit macht es für alle Beteiligten aber so schwer.
Bei Bayern München haben sie den Audi Dome offen gelassen, jeweils
zwei Spieler dürfen zur gleichen Zeit auf das Parkett, um in
verschiedenen Hälften auf den Korb zu werfen. Vor allem die Profis
aus den USA stecken in einem Dilemma. Mit der Auflösung ihrer
Verträge erlischt auch die Krankenversicherung in Deutschland. Und in
den USA sind nicht alle krankenversichert. In Corona-Zeiten ein
Horrorszenario.

Gleichwohl ist die Trennung von der Familie für viele sehr belastend.
«Ich realisiere wie wichtig es ist, dass man sich nicht nur physisch,
sondern auch MENTAL wohl fühlt», schrieb Albas Aufbauspieler Peyton
Siva aus den USA. Ob er und alle anderen Profis in dieser Saison noch
einmal das Alba-Trikot tragen werden, ist fraglich.