Profis mit Herz und Hirn: Goretzka und Kimmich starten Spendenaktion Von Klaus Bergmann, dpa

Fußball-Profis erfüllen bisweilen das Klischee von Protzbürgern. Zwei

Nationalspieler gehen in der Corona-Krise auf besondere Art «voran».
Leon Goretzka und Joshua Kimmich gründen die Hilfsinitiative «We kick
Corona» - und spenden dafür als Erste eine Million Euro.

München (dpa) - Der Fußball hat Leon Goretzka und Joshua Kimmich
schon in jungen Jahren zu Millionären gemacht. Aber die beiden 25
Jahre alten Profis des FC Bayern München sind auch zwei gescheite
Abiturienten, die sich in der Kickerszene, die oft durch materiellen
Protz auffällt, wohltuend abheben. Das beweist das Duo, das
folgerichtig auch Bundestrainer Joachim Löw schon länger zum Kreis
der neuen, jungen Führungsriege der Nationalmannschaft zählt, auch in
den Zeiten der Corona-Krise - und zwar aktiv.

Mit den besonderen Möglichkeiten des eigenen Wohlstandes und ihrer
Prominenz setzten Goretzka und Kimmich am Freitag ein vorbildliches
gesellschaftliches Zeichen. Sie gründen die Initiative «We kick
Corona» und spenden dafür als Erste zusammen eine Million Euro für
soziale und karitative Einrichtungen. Das Geld, das mit der Aktion
zusammenkommen soll, ist gedacht für Tafeln für Bedürftige, für
medizinische Geräte in Krankenhäusern oder die Obdachlosenhilfe und
Blutspendedienste. Es ist eine bemerkenswerte Aktion, gerade in
diesen Tagen, in der viel über einen Gehaltsverzicht der Profis zur
Rettung ihrer Arbeitgeber und der Vereinsmitarbeiter debattiert wird.

«Wir beide gehen voran und hoffen natürlich, dass viele von euch dem
Beispiel folgen werden», sagte Goretzka in einer Twitter-Botschaft,
die am Freitag in kürzester Zeit von Zehntausenden angeschaut wurde.

«Auf dem Platz können wir jeden schlagen. Aber Corona schlagen wir
nur gemeinsam!», betitelte Goretzka die Aktion. «Weil die Gesundheit
über allem steht, ist jetzt Solidarität im Kleinen wie im Großen
notwendig. Jeder kann helfen», begründete Kimmich sein Engagement.

In seiner 51-Sekunden-Botschaft sagt Goretzka: «Joshua und ich haben
uns überlegt, wie wir helfen können und unseren Beitrag leisten
können.» Ihre Lösung: Selbst spenden - und die Fans zur Nachahmung
aufrufen. «Ihr könnt euch entweder auf Spendengelder bewerben oder
könnt selbst zu Spendern werden», lautet der Aufruf des Bayern-Duos.
Die entsprechende Website dazu lautet www.wekickcorona.com.

Die Motivation des Bayern-Duos klingt simpel - und schreit förmlich
danach, Nachahmer zu finden: «Als Profi-Fußballer führen wir ein
gesundes und privilegiertes Leben. Daher sehen wir uns in dieser
schwierigen Zeit verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen. Geben und
gegenseitig helfen ist für uns in dieser Zeit das Gebot der Stunde.»

Seine persönliche Video-Botschaft eröffnet der in Bochum geborene
Goretzka mit einem «riesengroßen Dankeschön» an alle, «die aktuel
l in
sozialen Vereinen, sozialen Einrichtungen, Arztpraxen oder
Krankenhäusern alles dafür geben, um diese Situation zu meistern. Was
ihr leistet, ist wirklich Wahnsinn!»

Es ist kein Zufall, dass Goretzka und Kimmich in dieser Woche auch
schon einen aktiven Part bei einer Gemeinschaftsaktion der deutschen
Nationalmannschaft spielten. Das DFB-Team spendet 2,5 Millionen Euro
für soziale Zwecke. «Die Aktion ist ganz schnell umgesetzt worden»,
berichtete DFB-Direktor Oliver Bierhoff.

Kimmich und Goretzka fallen auch im Alltagsbetrieb des gerade von der
Corona-Pandemie gestoppten Fußballbetriebs regelmäßig durch kluge
Aussagen vor und nach Spielen auf. Beide zählen zu den beliebtesten
Gesprächspartnern der Reporter in den Stadien. Sie sondern nicht die
üblichen Standardfloskeln ab, sondern beziehen Stellung und weichen
auch Themen nicht aus, die über das Rasenrechteck hinausreichen.

Insbesondere Goretzka positioniert sich für seine vielen Follower in
den Sozialen Medien auch immer wieder zu gesellschaftlichen Themen -
unaufgefordert. Er bezog frühzeitig und deutlich Stellung in der
Rassismus-Debatte. Er beeindruckte jüngst auch viele Menschen mit
sehr emotionalen Worten nach einem Besuch in der KZ-Gedenkstätte
Dachau. Unter seine Fotos schrieb Goretzka in Hashtags «never forget»
und «nie wieder». Manche Klischees über superreiche Fußballstars, d
ie
nach einem Restaurantbesuch auch schon mal verstörende Fotos mit
Goldsteaks posten, mögen zutreffen - aber eben nicht auf jeden.