Auflagen werden bislang meist eingehalten - Aber reicht das? Von Markus Klemm, dpa

Bislang scheinen die Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus
in Hamburg weitgehend eingehalten zu werden. Aber reicht das? Bayern
hat nun eine Quasi-Ausgangssperre verhängt. Ob das auch in der
Hansestadt droht?

Hamburg (dpa/lno) - Die vom Hamburger Senat beschlossenen Maßnahmen
gegen die Ausbreitung des Coronavirus werden bislang weitgehend
eingehalten. Die Polizei kontrolliere intensiv, um die Einhaltung der
Anordnungen zu prüfen, teilte ein Polizeisprecher am Freitag mit. Am
Donnerstagabend und in der Nacht hätten die Beamten nur wenige
Verstöße festgestellt. In der Hansestadt gelten seit Montag massive
Einschränkungen im öffentlichen Leben. Restaurants und Gaststätten
dürfen nur noch von 6 bis 18 Uhr geöffnet werden, Spielplätze sind
geschlossen, ebenso viele Geschäfte. Nur Supermärkte und andere
Läden, die zur Versorgung der Menschen dienen, Apotheken, Abhol- und
Lieferdienste, Getränkemärkte und Banken dürfen weiterhin öffnen.

Ob Hamburg Bayern folgt und zur Eindämmung des Coronavirus das
Verlassen der eigenen Wohnung nur noch bei Vorliegen triftiger Gründe
erlaubt, war zunächst unklar. Im Freistaat dürfen die Bürger von
Samstag an die Wohnung nur noch für den Weg zur Arbeit, für
notwendige Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Hilfe für andere und
Besuche von Lebenspartnern verlassen. Auch Sport und Bewegung an der
frischen Luft bleibt erlaubt - dies aber nur alleine oder mit den
Personen, mit denen man zusammenlebt.

POLIZEI - Die Hamburger Polizei sieht sich personell gut für die
Coronakrise gerüstet. «Wir haben teilweise mehr Polizeibeamte auf der
Straße als sonst», sagte ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur
dpa. So würden beispielsweise die Kollegen der Bereitschaftspolizei,
die sonst Fußballspiele und Demonstrationen mit viel Personal
begleitet, zusätzlich im regulären Dienst eingesetzt. Zudem würden
derzeit nur die wirklich wichtigen Arbeiten übernommen. Auch das
schaffe freie Kapazitäten.

«Alle Dienststellen sind natürlich besetzt. Wir sind da, wo wir sonst
auch wären.» Gleichzeitig appellierte er an die Hamburger, dennoch
auf den Gang zur Wache zu verzichten und stattdessen anzurufen oder
die Online-Wache zu nutzen. Auch Streifendienst und
Verkehrsüberwachung finden nach wie vor statt. «Das hat was mit Recht
und Ordnung so tun», sagte der Sprecher. Er bestätigte, dass wegen
Verstößen gegen die Allgemeinverordnung Strafanzeigen gestellt worden
seien. Eine Zahl nannte er nicht. Insgesamt halte sich die Mehrzahl
der Hamburger aber an die neuen Regeln. «Um 22.00 Uhr ist wirklich
nichts mehr los. Der überwiegende Teil der Bevölkerung ist
kooperativ.»

WOCHENMÄRKTE - Wegen der Corona-Krise erleben die Wochenmärkte der
Stadt unterdessen großen Zulauf. «Ich gehe jetzt viel lieber auf dem
Markt einkaufen, weil das Gemüse dort nicht so oft angefasst wird wie
im Supermarkt», sagte Frauke Putensen, die am Freitag auf dem
Isemarkt unterwegs war. Die meisten Menschen hielten den
Sicherheitsabstand in den Warteschlangen vor den Verkaufsständen ein,
manche Händler hatten dafür extra Bereiche auf dem Boden markiert.
Einige hatten ihre Stände umgebaut, um mehr Abstand zu den Kunden zu
haben, einige trugen Atemschutzmasken.

HAFEN - Der Hamburger Hafenbetreiber HHLA stellt sich dagegen wegen
der Corona-Pandemie auf einen herben Geschäftsrückgang ein. Eine
zuverlässige Prognose sei bisher nicht möglich, teilte das im SDax
gelistete Unternehmen mit. Allerdings geht der Vorstand davon aus,
dass Umsatz und operatives Ergebnis (Ebit) im laufenden Jahr «stark
unter den im Vorjahr erreichten Werten» liegen werden. So könnten die
Mengen der am Hafen umgeschlagenen und der über Land transportierten
Container zeitweise stark zurückgehen. Im abgelaufenen Jahr hatte der
Konzern seinen Umsatz nach vorläufigen Zahlen um knapp sieben Prozent
auf 1,4 Milliarden Euro gesteigert.

Die Container-Reederei Hapag-Lloyd wagt trotz der Verwerfungen durch
die Corona-Pandemie eine Gewinnprognose für das laufende Jahr. Der
Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) soll zwischen einer halben und
einer Milliarde Euro liegen, kündigte das Unternehmen in Hamburg an.
Die Prognose für die Geschäftsentwicklung sei mit «erheblich höhere
n
Unsicherheiten» behaftet als üblich. «2020 wird ein sehr
ungewöhnliches Jahr, da sich die Bedingungen in den letzten Wochen
aufgrund des Ausbruchs des Coronavirus in vielen Märkten sehr schnell
verändert haben», sagte Hapag-Lloyd-Chef Rolf Habben Jansen.

VERKEHR - Der Sammeltaxi-Dienst Moia kündigte an, sein Angebot in
Hamburg ab dem 1. April vorübergehend einzustellen. Moia reagiere
damit auf die Corona-Krise und die Einschränkungen des öffentlichen
Lebens, in deren Folge sich die Nachfrage nach Fahrten drastisch
reduziert habe, teilte das Unternehmen mit. Moia gehe es auch darum,
die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in der kritischen Phase
der Pandemie einzudämmen. Ab April beantragt das Unternehmen laut
Mitteilung zur Erhaltung von Arbeitsplätzen Kurzarbeit für rund 900
Mitarbeiter.

FUSSBALL - Der Virologe Jonas Schmidt-Chanasit erwartet, dass wegen
der Corona-Pandemie in diesem Jahr kein Profifußball mehr gespielt
wird. «Ich gehe fest davon aus, dass es erst wieder im nächsten Jahr
stattfinden kann in dem Umfang», sagte der Mediziner des
Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg im «Sportclub»

des NDR-Fernsehens. Die Deutsche Fußball Liga hat die 1. und 2.
Bundesliga vorerst bis zum 2. April ausgesetzt. Gerechnet wird aber
damit, dass frühestens im Mai die Saison mit Spielen ohne Zuschauer
fortgesetzt werden könnte. «Ich glaube, es ist nicht realistisch,
dass die Saison zu Ende geführt werden kann», sagte Schmidt-Chanasit.
«Wir sehen ja, wie die Situation ist in Europa und was uns noch
bevorsteht.»

Fußball-Idol Uwe Seeler leidet unterdessen an Entzugserscheinungen.
«Ich vermisse den Fußball sehr. Ich mache mir zudem große Sorgen um
den Fortbestand der Vereine», sagte der Ehrenspielführer der
Nationalmannschaft der «Bild»-Zeitung. Da er als 83-Jähriger zur
Risikogruppe bei einer Infektion mit Sars-CoV-2 gehöre, habe er sich
mit seiner Frau Ilka «quasi weggesperrt». Seine Kinder und
Enkelkinder würden für ihn einkaufen, seine Frau jage ihn regelmäßi
g
in den Garten an die frische Luft. «Sie meint, mit Rasen unter den
Füßen kenne ich mich ja aus», sagte Seeler.