Corona-Krise erreicht die Schifffahrt - Weniger Ladung zu erwarten

Reedereien und Häfen werden die Folgen des Coronavirus in den
nächsten Wochen zu spüren bekommen - aber es wird wohl nicht so
schlimm wie die Krise nach 2009.

Hamburg (dpa) - Häfen, Umschlagunternehmen und Reedereien blicken mit
Sorge auf die nächsten Wochen. Wegen der Corona-Krise bleiben in
Europa nun Schiffe aus, die vor sechs Wochen aus Asien hätten
losfahren sollen, aber gestrichen wurden. Im Hamburger Hafen ist der
Warenumschlag um rund zehn Prozent gesunken. Das Hafenunternehmen
HHLA erwartet einen Gewinneinbruch. Die Reeder warnen davor, die
Leistungen der Häfen einzuschränken oder gar Häfen zu schließen.

Die größte deutsche Containerreederei Hapag-Lloyd ist für das
Gesamtjahr noch relativ zuversichtlich, auch wenn die Corona-Krise im
ersten Halbjahr ihre Spuren hinterlassen wird. Der Gewinn vor Steuern
und Zinsen (Ebit) soll im laufenden Jahr zwischen 500 Millionen und
einer Milliarde Euro liegen, sagte Vorstandschef Rolf Habben Jansen
am Freitag bei der Online-Präsentation der Jahresbilanz. Im
vergangenen Jahr waren es 811 Millionen Euro. «Die Lage ist
ungewöhnlich und die Prognose ungewiss», sagte Habben Jansen.

Hapag-Lloyd stellt sich auf die Krise ein: Das Geld zusammenhalten,
Schulden abbauen, Investitionen auf den Prüfstand stellen, Kosten
sparen. Die Reederei denkt seit längerem über den Kauf neuer Schiffe
nach, wird damit aber wohl weiter warten. Der Vorstand erwartet zwar
rückläufige Entwicklungen im zweiten und vielleicht auch dritten
Quartal, aber für das Gesamtjahr rechnet er mit einem leicht
steigenden Transportvolumen und etwas höheren Frachtraten. Die
Treibstoffpreise sollten nach einer Berg- und Talfahrt nur wenig über
dem Vorjahr liegen.

Was der krisenerprobten Schifffahrt Hoffnung gibt: Anders als bei
Ausbruch der Finanzkrise werden auf den Werften nur wenig neue
Frachtschiffe gebaut. Gegenwärtig stehen Schiffe mit einer Kapazität

von zehn Prozent der Weltflotte in den Auftragsbüchern der Werften;
2009 waren es 50 Prozent. Da gleichzeitig auch Schiffe außer Dienst
gestellt werden und der Welthandel tendenziell weiter wächst, sind
Angebot und Nachfrage weiter in einem weitgehend ausgeglichenen
Verhältnis. Die jahrelange Krise der Schifffahrt wurde vor allem
durch ein Überangebot an Schiffsraum verursacht.

Ungünstiger stellt sich die Lage für die Häfen dar. Im größten
deutschen Hafen in Hamburg läuft der Betrieb zwar störungsfrei;
Kaianlagen sind wie gewohnt in Betrieb, Corona-Fälle nicht bekannt.
Aber es gibt weniger zu tun. Die Unternehmen rechnen bis in den Mai
hinein mit deutlichen Rückgängen, weil die Produktionsausfälle in
China im Januar und Februar nun mit Verzögerung den Hafen erreichen.
So kann die Umschlagleistung des Vorjahres kaum erreicht werden.

Das wird sich auf den Gewinn des größten Hamburger Hafenkonzerns HHLA

auswirken, der nach den Erwartungen des Vorstands deutlich unter dem
Vorjahr liegen wird. «Von nächster Woche an werden wir weniger
Schiffsanläufe und damit verbunden einen signifikanten Rückgang an
Ladung aus China sehen», sagte die Vorstandsvorsitzende Angela
Titzrath der «FAZ». Da die chinesischen Fabriken ihre Produktion aber

wieder aufgenommen haben, wird mit der gleichen Verzögerung von sechs
bis acht Wochen auch wieder eine Normalisierung erwartet.

Die deutschen Reeder sorgen sich derweil, dass die Arbeit in den
europäischen Häfen wegen des Coronavirus eingeschränkt werden könnt
e.
«Offene Häfen müssen eine absolute Priorität bekommen», sagte der

Präsident des Verbandes Deutscher Reeder (VDR), Alfred Hartmann. Die
Schifffahrt sei - neben Bahn und Lkw - die wichtigste Säule der
Versorgung und transportiere 90 Prozent aller Waren. Jedes
Unternehmen, jeder Supermarkt und auch jedes Krankenhaus sei auf
Güter angewiesen, die per Schiff kommen.