Geschlossene Ausgabestellen bereiten Tafeln im Norden Schwierigkeiten

Noch hat die Tafel in Hamburg genug Essen zum Verteilen. Bei den
Ausgabestellen dagegen ist die Not groß. Viele haben ihren Dienst
quittiert. In Schleswig-Holstein sieht es ähnlich dramatisch aus.

Hamburg/Kiel (dpa/lno) - Die Tafeln im Norden können nicht mehr
ausreichend Essen an Bedürftige ausgeben. Die Gründe dafür sind
unterschiedlich. Obwohl beispielsweise die Hamburger Tafel nach wie
vor Lebensmittel für Bedürftige ausliefert, kann sie dennoch immer
weniger Menschen damit versorgen. «Wir haben noch Lebensmittel. Wir
haben nur bald niemanden mehr, der sie ausgibt», sagte
Tafelsprecherin Julia Bauer am Freitag der Deutschen Presse-Agentur
in Hamburg. Von den rund 130 großen und kleinen Ausgabestellen in der
Hansestadt hätten derzeit nur noch etwa 30 geöffnet. «Und das ist ein

Problem, weil wir dadurch ganze Stadtteile haben, die nicht mehr
versorgt werden können.»

In Hamburg gibt es insgesamt vier Tafeln. Eine davon - die in
Bergedorf - ist bereits geschlossen, wie Frank Hildebrandt,
Vorsitzender des Vereins Tafel Schleswig-Holstein/Hamburg, am Freitag
sagte. In Schleswig-Holstein sei die Situation für die Bedürftigen
dramatisch. «Von den 57 in Schleswig-Holstein sind mindestens 37
dicht. Das ist gerade sowas von schwierig», so Hildebrandt. Selbst in
den größeren Städten wie Kiel, Lübeck und Bad Schwartau ist die
Versorgung durch die Tafel eingestellt worden. «Die Tafeln haben alle
ein wahnsinnig schlechtes Gewissen und überlegen wie sie trotzdem
einen Tafelbetrieb auf die Beine stellen können.»

«Unser Problem ist einfach, dass der klassische Tafelhelfer im
Rentenalter ist. Und der muss erstmal geschützt werden», so
Hildebrandt. Und selbst, wenn sie genügend Helfer bekämen, könnte die

Menschenansammlung an der Ausgabe wegen der Hygiene ein Problem
werden. Hinzu komme, dass die Supermärkte derzeit nicht mehr genügend
Lebensmittel abgeben können. «Durch die ganzen Hamsterkäufe bleiben
viel weniger Lebensmittel für die Tafeln übrig als vor Corona.»

Die Hamburger Tafel appelliert dennoch an die Ausgabestellen in der
Hansestadt: «Wir liefern mittlerweile vorgepackte Lebensmitteltüten.
Die Ausgabe dauert nur fünf Sekunden pro Person, und wir können auch
mit jungen Helfern unterstützen», sagte Bauer weiter. Die Hamburger
Tafel liefert ausschließlich aus, sie hat selbst keine
Ausgabestellen.

Fast alle Tafeln, die noch Lebensmittel liefern, brauchen vor allem
«das, was alle brauchen», so die Hamburger Tafelsprecherin Bauer. Und
zwar: Reis und Nudeln in haushaltsüblichen Packungsgrößen sowie
Handschuhe und Desinfektionsmittel. Spenden sollen in Hamburg
allerdings bitte nur Unternehmen und keine Privatpersonen. «Wir haben
sonst hier auch einfach zu viele Menschen auf dem Hof.» Auch
Fünf-Kilo-Packungen Nudeln oder Ein-Liter-Packs Salatsoße seien nicht
notwendig.

Ob in den vergangenen Tagen mehr Spenden auf dem Hamburger Tafelkonto
eingegangen sind, konnte Bauer zunächst nicht sagen. «Wir laufen hier
so auf Hochtouren, da hat noch keiner Zeit gehabt, einen Kontoauszug
zu holen.» Prinzipiell seien Spenden an die Tafeln nach wie vor
wichtig. «Denn auch wir müssen die Miete unserer Lagerflächen am Ende

des Monats bezahlen.» Im Zweifel könnten mit dem Geld auch
Desinfektionsmittel und Handschuhe gekauft werden. «Weil wir ja nicht
darauf warten können, bis uns jemand Handschuhe spendet.»