Schüler, Studenten und Gastronomen wollen Spargelbauern helfen

Den Bauern fehlen wegen der Corona-Krise Erntehelfer aus dem Ausland.
Landwirte am Bodensee haben nun über das Internet helfende Hände
gesucht - und sind überwältigt von der Reaktion. Auch andernorts im
Südwesten wollen Menschen den Bauern helfen. Aber geht das so leicht?

Tettnang/Bruchsal (dpa/lsw) - Weil ihnen wegen der Corona-Krise die
Erntehelfer aus dem Ausland fehlen, haben Bauern am Bodensee im
Internet um Hilfe gerufen - und unzählige Angebote bekommen. Die
Reaktionen seien weit zahlreicher gewesen als erhofft, sagte der
Geschäftsführer des Maschinenrings Tettnang, Hubert Hengge, am
Freitag. «Aktuell gibt es etwa 2000 Rückmeldungen unterschiedlichster
Couleur. Von der Anfrage, wie die Arbeit ablaufen würde, über
konkrete Angebote, dass sie helfen und arbeiten wollen, bis hin zu
Beistand und mentaler Unterstützung unserer Aktion.»

Die Gruppe Bodensee-Bauern hatten Anfang der Woche über Facebook
Helfer gesucht: «Lust auf Kontakt mit Mutter Erde? - Wir suchen
dringend helfende Hände», schrieben die Landwirte dort. Innerhalb
kurzer Zeit hätten sich beispielsweise Studenten, Hausfrauen,
Kurzarbeiter aus Hotellerie und Gastronomie und Selbstständige
gemeldet, sagte Hengge. «Wir konnten bereits erste Arbeitsverträge
zum Abschluss bringen, zum Beispiel zum Sortieren und Verpacken von
Obst oder zu Frühjahrsarbeiten im Hopfenbau.»

Gemeinsam mit dem Bundesverband der Maschinenringe basteln die
Landwirte an einer Jobbörse, die am kommenden Montag online gehen
soll. Nach der Erprobungsphase werde sie dann bundesweit eingesetzt,
sagte Hengge. «Sie ist mit Suchfunktionen ausgestattet und soll
willige Helfer und Landwirte schnellstmöglich zusammenbringen.» Die
Plattform entstehe in Absprache mit dem Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft.

Der Geschäftsführer des Verbands Süddeutscher Spargel- und
Erdbeeranbauer, Simon Schumacher, berichtet ebenfalls von zahlreichen
Hilfsangeboten - etwa von Schülern oder Studenten. «Wir sind dankbar,
dass sich Leute anbieten.» Es gebe verschiedene Online-Aktivitäten
dazu, wie zum Beispiel die Facebookseite «@Ernteretter». Das Problem
sei der Mindestlohn, den die Bauern zahlen müssten. Um diesen
erwirtschaften zu können, sei nach Arbeitsbeginn um 6.00 Uhr morgens
zehn Stunden Höchstleistung auf den Feldern nötig. Außerdem sei nicht

abzusehen, wie Nachfrage und Preise sich entwickelten.

Der Möglichkeit, junge Helfer als Praktikanten oder für ein
Taschengeld zu beschäftigen, stehen nach Schumachers Angaben vom
Freitag in Bruchsal rechtliche Hürden entgegen. Taschengeld sei nicht
als Betriebsausgabe absetzbar. Praktikanten sind nur unter bestimmten
Bedingungen vom Mindestlohn ausgenommen. Möglicherweise könnten doch
noch Erntehelfer aus Rumänien nach Deutschland kommen. Die deutsche
Grenze dürften sie inzwischen passieren, sagte Schumacher. Allerdings
kämen sie nicht durch Ungarn durch. Flüge seien möglich, allerdings
mangele es offenbar in Rumänien noch an den richtigen Informationen
dazu. Die Landwirtschaftsverbände seien im Gespräch mit der
Bundesregierung.

Spätestens Anfang April läuft nach Schumachers Angaben die
Spargelsaison voll an. Im Mai, wenn die Erdbeeren geerntet werden
müssen, werde sich die Lage noch einmal deutlich verschärfen.

Der Vorstand der Obst- und Gemüse-Vertriebsgenossenschaft Nordbaden,
Hans Lehar, hat gewisse Bedenken beim Einsatz von Schülern und
Studenten. Die Erfahrungen aus früheren Jahren mit der harten
Feldarbeit - als Arbeitslose helfen sollten - seien nicht gut. Die
Themen seien aber alle auf dem Tisch. «Es gibt viele Aktivitäten auf
Bundesebene.»

In der Spargelregion Schwetzingen gab es Interessenten aus der
Gastronomie. Aber die Verunsicherung ist groß, ob man den Spargel
überhaupt verkaufen kann. Ein Bauer fürchtete beispielsweise, dass
der Direktvertrieb über den Hofladen in absehbarer Zeit auch
ausgesetzt wird.