Zu viel Uneinsichtigkeit - Baden-Württemberg plant Einschränkungen

Trotz aller Warnungen und Einschränkungen im Kampf gegen das
Coronavirus treffen sich noch immer Menschen auf öffentlichen
Plätzen, sitzen zusammen in Cafés oder Parks. Deshalb will das Land
die Menschen nun noch stärker einschränken.

Stuttgart (dpa/lsw) - Im Kampf gegen das Coronavirus greift
Baden-Württemberg nun zu noch härteren Maßnahmen, um die Menschen von

Treffen auf öffentlichen Plätzen abzuhalten. Menschenansammlungen
sollen dort verboten werden: Die Landesregierung bereitet ein
Niederlassungsverbot für Gruppen auf öffentlichen Plätzen vor, wie
die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Regierungskreisen erfuhr.

Zuvor hatte bereits die Stadt Freiburg wegen der Corona-Pandemie ein
sogenanntes Betretungsverbot ausgesprochen. Es soll für öffentliche
Orte gelten - von diesem Samstag an bis zum 3. April. Wer sich im
Freien aufhalten möchte, dürfe das nur noch allein, zu zweit oder mit
Menschen, die im eigenen Haushalt lebten, so die Stadt. Auch
Leverkusen (Nordrhein-Westfalen) hat sich bereits für diesen Schritt
entschieden. Dort sind «Zusammenkünfte von zwei oder mehr Personen
unter freiem Himmel» untersagt. Ausnahmen gelten für Gruppen, die
zusammen wohnen, zum Beispiel Familien oder Wohngemeinschaften.

In Baden-Württemberg soll es bei der Gruppengröße um eine einstellige

Zahl gehen, das Justizministerium müsse das juristisch prüfen, hieß
es aus Regierungskreisen weiter. Das Verbot solle dazu dienen, die
tatsächlichen Sozialkontakte unterhalb einer Ausgangssperre so weit
wie möglich und geboten zu verringern.

Zudem lässt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne)
Voraussetzungen und Regelung einer Ausgangssperre schon vorgreifend
prüfen. Diese solle so schnell wie möglich umgesetzt werden können,
sollten die Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin am Sonntag zu
dem Schluss kommen, dass dies unabwendbar ist. Man setze jedoch alles
daran, eine solche Sperre zu vermeiden.

Mit drastischen Maßnahmen versuchen Bund und Land seit Tagen, die
Pandemie einzudämmen und die Infektionsketten zu unterbrechen. Die
Menschen sollen soweit wie möglich auf soziale Kontakte verzichten.
Doch angesichts des traumhaften Frühlingswetters missachten viele von
ihnen weiter die Einschränkungen. Sie sitzen in Cafés und Parks und
genießen die Sonne - und riskieren damit noch größere Einschränkung
en
ihrer Bewegungsfreiheit.

Kretschmann hatte daher bereits am Donnerstag bei einer Sondersitzung
des Landtags mit einer Ausgangssperre gedroht. Die wolle man zwar
vermeiden, sagte der Grünen-Politiker. Aber wenn sich die Bürger
nicht an die Regelungen hielten, werde das Ausgangsverbot kommen. Zu
den neuen Einschränkungen wollte er sich am Nachmittag äußern.

Auch bundesweit nimmt die Diskussion über Ausgangssperren oder
Betretungsverbote von Parks und Plätzen an Fahrt auf. Kanzleramtschef
Helge Braun sieht den Samstag als eine Wegmarke. «Wir werden uns das
Verhalten der Bevölkerung an diesem Wochenende anschauen», sagte der
CDU-Politiker dem «Spiegel». «Der Samstag ist ein entscheidender Tag,

den haben wir besonders im Blick.»

Der CDU-Innenpolitiker Armin Schuster plädierte dafür, das von der
Stadt Freiburg erlassene Betretungsverbot für Gruppen an öffentlichen
Orten bundesweit einzuführen - auch, um eine generelle Ausgangssperre
zu vermeiden, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte. Inzwischen
wurden für andere Städte bereits ähnliche Verbote ausgesprochen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will am Sonntagabend mit den
Ministerpräsidenten der Länder in einer Telefonkonferenz beraten.
Dabei dürfte es auch darum gehen, ob und wann Ausgangssperren
verhängt werden sollen.

In Bayern stehen weitere Beschränkungen und Auflagen womöglich kurz
bevor. Die Staatskanzlei in München lud am Freitag kurzfristig zu
einer Pressekonferenz am Mittag ein, unter anderem mit
Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Söder hatte am Donnerstag mit
einer Ausgangssperre für den ganzen Freistaat gedroht, wenn sich die
Menschen nicht an bereits geltende Beschränkungen und Auflagen
halten.