Im Ausnahmezustand - So schützt sich Europa gegen Corona

Ausgangssperren, Mundschutzpflicht, Passierscheine: Mit
weitreichenden Einschränkungen kämpfen auch die europäischen
Nachbarländer gegen die Corona-Pandemie. Immer häufiger belassen es
die Regierungen nicht bei Appellen.

Berlin (dpa) - Schulkinder lernen zu Hause, Berufstätige arbeiten im
Homeoffice, Geschäfte sind zu: In vielen europäischen Ländern haben
die Regierungen das öffentliche Leben im Kampf gegen die
Coronavirus-Krise massiv eingeschränkt. Vielerorts gehen die
Regelungen schon deutlich weiter als in Deutschland. Ein Überblick:

ITALIEN: In dem am stärksten betroffenen Land dürfen die 60 Millionen
Einwohner das Haus nur für Einkäufe, Arbeit und aus medizinischen
Gründen verlassen. Den Grund müssen sie auf einem Formular vermerken.
Andernfalls drohen Geldstrafen. Schulen, Universitäten und
Kindergärten bleiben bis mindestens 3. April geschlossen.
Regierungschef Giuseppe Conte kündigte aber bereits an, dass die
Maßnahmen verlängert werden.

Zudem bleiben die meisten Geschäfte dicht. Lebensmittelläden,
Apotheken, Tankstellen, Drogerien und Zeitungskioske dürfen
eingeschränkt öffnen, aber nur wenige Kunden gleichzeitig einlassen.
Alle sind aufgefordert, einen Meter Abstand voreinander zu halten. Im
nahe gelegenen MALTA gibt es bisher keine Ausgangssperre. Bars,
Clubs, Kinos oder Sportstätten sind aber dicht.

FRANKREICH: Seit Dienstag gilt eine 15-tägige Ausgangssperre. Über
eine Verlängerung wird bereits debattiert. Man darf nur aus dem Haus,
wenn es unbedingt sein muss. Erlaubt: Lebensmittel einkaufen,
Bedürftigen helfen, allein Sport machen oder zur Arbeit fahren. Wer
sich nicht an die Regeln hält, muss eine Geldstrafe zahlen, bis zu
135 Euro. Auch hier muss jeder ein Formular dabei haben.

ÖSTERREICH: Ausgangsbeschränkungen gelten schon seit Montag -
inzwischen bis Ostermontag, den 13. April. Viele Geschäfte sind zu
Die Regierung appelliert immer wieder an die Bevölkerung, nur
rauszugehen, um einkaufen, zu arbeiten oder anderen zu helfen.
Spaziergänge sind erlaubt - aber möglichst allein. Die Polizei weist
Gruppen auf den Straßen darauf hin, nicht zusammen zu stehen.

BELGIEN: Seit dem Wochenende sind alle Kneipen und Restaurants
geschlossen. Seit Montag fällt landesweit der Unterricht aus. Eltern
können ihre Kinder noch zur Betreuung in die Schule schicken, wenn es
wegen der Arbeit nicht anders geht. Seit Mittwoch gilt auch eine
Ausgangssperre: Nur zum Kauf von Lebensmitteln, Medikamenten, Büchern
und Zeitungen, für Arztbesuche und Besorgungen bei Post und Banken
darf man noch aus dem Haus. Sport und Spaziergänge an der frischen
Luft bleiben erlaubt - aber nicht in Gruppen. Tausende Polizisten
kontrollieren.

SPANIEN: Ausgangssperre seit Sonntag, bislang für 15 Tage. Die knapp
47 Millionen Spanier dürfen nur in Ausnahmefällen aus dem Haus und
wenn, dann nur ohne Begleitung. Den Hund Gassi zu führen bleibt
erlaubt. Es gibt viele Polizeikontrollen, es drohen Geld- oder sogar
Haftstrafen. Anders als in Italien und Frankreich gibt es jedoch kein
Formular, das man ausfüllen muss.

GROSSBRITANNIEN: Die Regierung ruft immer wieder dazu auf, soziale
Kontakte zu vermeiden und nicht in Pubs, Restaurants, Theater oder
Museen zu gehen. Verbote gibt es aber nicht. Die Schulen sind erst
seit Freitag geschlossen. Der Bahn- und Busverkehr wird schrittweise
reduziert. In London werden Dutzende U-Bahn-Stationen nicht mehr
bedient. Eine Ausgangssperre schließt Premierminister Boris Johnson
bislang aus. Er hofft, die Pandemie bis Anfang Sommer unter Kontrolle
zu bringen. Viele Experten halten das für unrealistisch.

SCHWEIZ: Hier wurde am Montag der Notstand erklärt. Geschäfte - außer

etwa Supermärkte oder Apotheken - sind geschlossen. Man darf raus,
aber möglichst nur zusammen mit den Leuten, mit denen man unter einem
Dach lebt. Veranstaltungen sind verboten, aber Spielplätze sind
offen. Wenn Jugendliche sich spontan draußen treffen, ist das auch in
Ordnung. Größere private Feiern darf es nicht mehr geben, den
Fondue-Abend in kleiner Runde schon. Alle sollen aber zwei Meter
Abstand halten.

TSCHECHIEN: Es gilt der Notstand. Die Bewegungsfreiheit ist drastisch
eingeschränkt. Die Leute sollen bis zum 24. März daheim bleiben. Auch
hier gelten die üblichen Ausnahmen. Wer älter ist als 70, soll das
Haus gar nicht mehr verlassen. In der Öffentlichkeit muss eine Mund-
und Nasenbedeckung getragen werden. Es reicht auch ein Schal.

NIEDERLANDE: Schulen und Kitas sind geschlossen, ebenso wie
Restaurants, Bars und auch die Coffeeshops, in denen Haschisch und
ähnliche Drogen verkauft werden darf. Allerdings können Kunden
Bestellungen aufgeben und abholen. Sportclubs, Saunen und Bordelle
mussten dicht machen. Amsterdams bekanntesten Museen - darunter das
Reichsmuseum und das Van-Gogh-Museum - sind ebenfalls geschlossen.
Eine Ausgangssperre will die die Regierung bislang nicht.

SLOWAKEI: Abgesehen vom Weg zur Arbeit soll die Bevölkerung auch hier
nur wenig raus gehen. Schulen, Freizeiteinrichtungen und viele
Geschäfte sind dicht.

POLEN: Kindergärten, Schulen und Universitäten sind geschlossen,
Kneipen und Restaurants ebenso. Sie dürfen aber einen Lieferservice
anbieten. Wer aus dem Ausland zurückkehrt, muss in eine 14-tägige
Quarantäne. In Polen wird der Quarantäne-Ort täglich von der Polizei

überprüft.

SLOWENIEN: Seit Freitag gilt ein Aufenthaltsverbot im öffentlichen
Raum für alle, die nicht im selben Haushalt wohnen. Wer sich allein
oder mit seinem Mitbewohner in Parks oder auf Straßen bewegt, soll
Abstand halten. Der Gang zu Lebensmittelgeschäften, Apotheken,
Tankstellen, Banken und Postämtern ist erlaubt.

SERBIEN: Seit Mittwoch gilt eine nächtliche Ausgangssperre von 20.00
Uhr bis 05.00 Uhr früh. Für Menschen über 65 (im ländlichen Raum:
über 70) gilt ein umfassendes Ausgehverbot. Am Freitag schloss das
Land seine Grenzen für jeglichen Personenverkehr. Für Ausländer sind

die Grenzen schon seit Wochenbeginn gesperrt.

BULGARIEN: Hier sind ebenfalls die meisten Läden sowie Lokale und die
Schulen und Unis geschlossen. Der Skiort Bansko wurde am
Dienstagabend unter Quarantäne gestellt - keiner darf ein- und
ausreisen. Ausgangssperren gibt es keine.

SKANDINAVIEN: Auf allen Kanälen wird in den fünf Ländern immer wieder

gemahnt, zu Hause zu bleiben. Die Norweger dürfen nicht in ihre
Ferienhäuser fahren, weil es in den Dörfern zu wenig Ärzte gibt. In
Dänemark sind nur noch Lebensmittelläden und Apotheken geöffnet. Der

Zugang wird reguliert.

LITAUEN, ESTLAND und LETTLAND: Schulen, Kindergärten und
Universitäten sind geschlossen. Auch viele Geschäfte, Restaurants und
Freizeiteinrichtungen machen nicht mehr auf. Das öffentliche Leben
ist weitestgehend eingestellt. Alle drei Länder haben den Notstand
ausgerufen und ihre Grenzen abgeriegelt. Ausgangssperren gibt es
bislang nicht.