Milliardenschaden durch Corona: Was dem US-Sport nun verloren geht Von Maximilian Haupt, dpa

Kirschkernweitspucken statt Profisport: Die Corona-Krise hat auch auf
den Sport in den USA massive Auswirkungen, insbesondere finanziell.
Bemerkenswert ist, dass es darüber in dem kapitalistisch geprägten
Land kaum öffentlich Klagen gibt, sondern Solidarität vorherrscht.

Los Angeles (dpa) - Von lautem Wehklagen wie aus der
Fußball-Bundesliga sind die großen US-Ligen weit entfernt. Der
finanzielle Schaden in der NBA, NHL, MLS und MLB durch die
Corona-Krise aber ist gigantisch und übersteigt den des wichtigsten
deutschen Sportproduktes um ein Vielfaches. Mindestens fünf
Milliarden US-Dollar (umgerechnet rund 4,7 Milliarden Euro) verlieren
Ligen und Teams in den USA laut einer Analyse des Magazin «Forbes».
Sollten die Saisons nicht beendet werden können, steigt diese Summe
demnach auf mindestens zehn Milliarden Dollar. Zur Erinnerung: Der
Bundesliga drohen bei einem Abbruch etwa 750 Millionen Euro durch die
Lappen zu gehen.

«Egal ob Sport oder nicht Sport - die komplette Wirtschaft ist davon
extrem betroffen. Da wird noch einiges auf uns zukommen, das trifft
alle Industrien gerade extrem schwer», sagte der deutsche
Basketball-Nationalspieler Maxi Kleber der Deutschen Presse-Agentur.
«Natürlich: Die NBA ist eine riesen Geldfabrik. Da geht jetzt einiges
verloren erst mal. Aber das Wichtigste ist die Gesundheit aller
Menschen, deswegen ist das wirklich zweitrangig.»

Bemerkenswert: Obwohl die NBA an einem besonders kritischen Punkt
steht, weil ein großer Teil der TV-Gelder nach Angaben des
Rechte-Experten Chris Bevilacqua direkt an die Playoffs gekoppelt
ist, zählten Clubs und vor allen Spieler aus der besten
Basketball-Liga der Welt zu den ersten, die sich mit Zusagen für
Spenden um die Schwachen in der amerikanischen Gesellschaft
kümmerten.

Mark Cuban etwa, Klebers Boss bei den Dallas Mavericks und Besitzer
des langjährigen Teams von Dirk Nowitzki, dachte schon in seinem
ersten Live-Interview wenige Minuten nach Bekanntgabe der
Saisonunterbrechung und während seine Mavericks noch spielten, an die
vielen Arbeiter, die auf Stundenlohnbasis angestellt sind und denen
nun für unbestimmte Zeit ein großer Teil des Einkommens wegbricht.

Der 19 Jahre alte Jungstar Zion Williamson von den New Orleans
Pelicans versprach, 30 Tage lang das Gehalt der Leute zu übernehmen,
die in der Halle unter normalen Umständen Popcorn und Getränke
verkauft, Toiletten geputzt oder Tickets kontrolliert hätten.
Inzwischen haben dutzende Teams aus den US-Ligen Spenden an Fonds
zugesagt, die sich um die Hallen-Arbeitskräfte kümmern sollen.

Wie den ganzen mittelbar betroffenen Geschäften geholfen werden soll,
ist dagegen unklar. Denn selbst auf die NFL, deren erstes Saisonspiel
erst im September ausgetragen wird, hat die Pandemie jetzt schon
Auswirkungen. Im April sollen beim sogenannten Draft in Las Vegas die
besten neuen Spieler von den Mannschaften ausgewählt werden. Die Liga
hat längst entschieden, dass das in diesem Jahr ohne Zuschauer
geschehen wird. Was das in Zahlen bedeutet, ist schwer zu sagen, aber
2019 kamen etwa 600 000 Menschen dafür nach Nashville - und gingen
dort Essen, buchten Hotelzimmer, kauften ein.

Hart ist die Corona-Krise auch für die TV-Sender in den Staaten. Für
manche ist es vergleichsweise leicht, die fehlenden Live-Spiele mit
Shows oder Filmen zu ersetzen. Für reine Sportsender wie ESPN dagegen
ist es ein massives Problem. Die Lösung in den meisten Fällen: Spiele
aus der Vergangenheit zeigen. Wie groß die Not ist, zeigt aber das
Programm von ESPN2 an diesem Sonntag, das dann wie sonst nur am 8.
August zu ESPN8: The Ocho umbenannt wird. Zu sehen sind dann:
Kirschkernweitspucken, die Death Diving Weltmeisterschaften oder die
College-Meisterschaften in Spikeball.