Olympische Flamme in Japan - IOC-Chef Bach: «Verschiedene Szenarien»

Das Olympische Feuer ist in Japan eingetroffen - ungeachtet der
Debatten um die Ausrichtung der Spiele im Sommer. Die Kritik am IOC
reißt nicht ab, der TV-Rechteinhaber sieht einer möglichen
Verschiebung gelassen entgegen.

Tokio (dpa) - Unter dem Eindruck der weltweiten Coronavirus-Pandemie
ist in Japan am Freitag die Olympische Flamme aus Griechenland für
die Olympischen Spiele 2020 eingetroffen. In einer kleiner als
ursprünglich gedachten Zeremonie wurde das Olympische Feuer auf einem
Militärstützpunkt in Higashimatsushima im Nordosten der Hauptinsel
Honshu in Empfang genommen. 200 örtliche Schüler, die ursprünglich
eingeladen waren, durften wegen der Gefahr einer weiteren Ausbreitung
des Coronavirus nicht teilnehmen. Unsicher ist weiterhin, ob die
Spiele überhaupt wie geplant am 24. Juli in Tokio beginnen können.

Die japanischen Organisatoren, das Internationale Olympische Komitee
(IOC) und das Internationale Paralympische Komitee (IPC) halten
bislang an ihren Plänen fest, Olympia vom 24. Juli bis 9. August und
die Paralympics von 25. August bis 6. September auszurichten.

So wehrt sich IOC-Präsident Thomas Bach weiter gegen jegliche Art von
Spekulationen zu einer Verlegung. In einem am Donnerstag (Ortszeit)
veröffentlichten Interview der «New York Times» sagte der 66 Jahre
alte Deutsche: «Natürlich bedenken wir verschiedene Szenarien, aber
im Gegensatz zu vielen anderen Sportverbänden oder Profi-Ligen sind
wir noch viereinhalb Monate entfernt von den Spielen.»

Weltweit seien Ligen optimistischer als das IOC, «weil sie ihre
Veranstaltungen bis April oder Ende Mai verschoben haben. Wir
sprechen über Ende Juli», sagte Bach.

Der amerikanische Medienkonzern Discovery mit seinem
Tochter-Unternehmen Eurosport sieht die Unsicherheiten gelassen. «Da
wir für alle Fälle abgesichert sind, erwarte ich keinen
substanziellen Schaden für Discovery bei jeglichen Entscheidungen im
Hinblick auf die Olympischen Spiele in Tokio», sagte Finanzvorstand
Gunnar Wiedenfels (42) der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag).

Der Konzern hatte vor fünf Jahren die TV-Rechte an den Olympischen
Sommer- und Winterspielen von 2018 bis 2024 für geschätzte 1,3
Milliarden Euro gekauft. ARD und ZDF erwarben später Sublizenzen, so
dass in Deutschland bei Eurosport und den öffentlich-rechtlichen
Sendern Bilder von den olympischen Wettbewerben gezeigt werden.

Unterstützung erhält Bach von Kanu-Verbandschef Thomas Konietzko.
«Stellen Sie sich vor, was das für ein positives Zeichen für die Welt

wäre, wenn es uns gelingt, die Olympischen Spiele als erste
Veranstaltung nach dieser weltweiten Krise stattfinden zu lassen»,
sagte der Funktionär der Zeitung «Neues Deutschland» (Freitag). Mit
einem Erfolg von Olympia in Japan könne bewiesen werden, «was für
eine verbindende Kraft Sport für eine Gesellschaft hat».

Die Kritik an der Haltung des IOC lässt jedoch nicht nach. «Die
Bedingungen für die Qualifikation sind momentan katastrophal, wir
wissen nichts, und die Athleten sind auf unterschiedlichen
Leistungsniveaus. Eine Verschiebung der Spiele wäre sportlich die
beste Lösung», sagte die Weltergewichtlerin und Athletensprecherin
des Deutschen Boxsport-Verbandes, Nadine Apetz (34) dem «Spiegel» und
betonte: «Ich sehe nicht, dass Olympia stattfindet.»

Dass die Spiele nicht längst abgesagt sind, kann die frühere
Spitzen-Leichtathletin Heide Ecker-Rosendahl nicht nachvollziehen.
«Sie haben nur Angst um ihre Finanzen oder das Gesicht zu verlieren.
Ich finde das sehr bedenklich», sagte die 73 Jahre alte
Doppel-Olympiasiegerin von 1972 der Deutschen Presse-Agentur. Sie
finde es «erstaunlich, wie wenig Rücksicht man auf die Athleten
nimmt» und sprach von einer «Hinhaltetaktik» für die Sportler.