Unternehmen kritisieren «Konstruktionsmängel» bei Hilfsprogrammen

Die Corona-Krise hat dramatische Ausmaße für viele Unternehmen.
Geschäfte müssen dicht machen, Aufträge und Umsätze brechen weg.
Liquiditätsengpässe drohen. Wie schnell kommen versprochene Hilfen
nun bei den Firmen an?

Berlin (dpa) - In der Corona-Krise haben Unternehmen
«Konstruktionsmängel» bei den milliardenschweren Hilfsprogrammen
beklagt. «Erste Erfahrungen von Familienunternehmen zeigen, dass es
zu langen Kreditprüfungen kommt und dramatische Engpässe drohen»,
sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen,
der Deutschen Presse-Agentur am Freitag.

«Die Herausforderung liegt darin, die staatlichen Bürgschaften
schnellstmöglich in Millionen von Kreditbewilligungen umzumünzen.»
Die betroffenen Unternehmen müssten mit Liquidität versorgt werden.
«Das geht nur mit Pauschalbewilligungen im Schnellverfahren», sagte
Kirchdörfer. «Es reicht nicht, hohe Staatsbürgschaften ins
Schaufenster zu stellen.»

Die Bundesregierung hatte ein unbegrenztes Kreditprogramm
beschlossen, um angesichts der dramatischen wirtschaftlichen Folgen
der Corona-Krise die Liquidität der Firmen sicherzustellen. Die
staatliche Förderbank KfW bietet den Geschäftsbanken je nach Programm
an, 70 bis 80 Prozent des Kreditrisikos zu übernehmen. Das soll den
Finanzinstituten die Vergabe von Darlehen erleichtern. Die Förderbank
erhält dafür staatliche Garantien.

Kirchdörfer sagte, mit dem Schutzschirm für Beschäftigte und
Unternehmen federten Bund und Länder die Krise ab und schafften
Vertrauen. Oberstes Ziel müsse es nach dem Gesundheitsschutz sein,
die negativen wirtschaftlichen Folgen einzudämmen. «Es muss alles
getan werden, um die vorhandenen Strukturen mit Klein- und
Handwerksbetrieben, Familienunternehmen und Großkonzernen zu
erhalten.»

Das Beispiel eines Unternehmens zeigt die schwierige Lage: Meinolf
Brauer ist Chef des Dienstleisters Walter Services GmbH in Siegburg,
einem Unternehmen aus der Call Center Industrie mit 2000 Mitarbeitern
an neun Standorten. «Wir verlagern derzeit die Arbeit von den Call
Centern ins Home Office», sagte Brauer der dpa. Die Firma bediene
unter anderem Hotlines für Apotheken, Patienten und die
Pharmabranche.

Brauer sagt, er habe bei seiner Hausbank einen Antrag auf einen
KfW-Corona-Notfallkredit gestellt, um Liquidität sicherzustellen über
acht Millionen, dies seien zweimal die Vollkosten der Firma. «Die hat
aber gesagt, sie braucht noch zig Unterlagen wegen der
KfW-20-Prozent-Hürde.» Die Bearbeitung könne 2 bis 3 Wochen dauern.
«Das Land ist im Ausnahmezustand. Die Gelder der KfW sind
Steuergelder. Die gehören uns allen, nicht der KfW. Es ist Zeit für
beherztes Handeln, nicht für Zögern und Zaudern.»

Die Bundesregierung müsse die 20-Prozent-Haftungsregel für Kredite
sofort sprengen und die Schleusen öffnen, sagte der Unternehmer. «Der
Staat muss 100 Prozent des Risikos übernehmen. Sonst droht schon bald
eine riesige Pleitewelle bei kleinen Unternehmen.»

Davor hatte auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag bereits
gewarnt. Bei den Finanzhilfen, Krediten und Steuerstundungen zähle
jeder Tag, hatte DIHK-Präsident Eric Schweitzer der dpa gesagt. «Denn
die Liquidität zerrinnt in den Betrieben extrem schnell, wenn ihr
Umsatz durch die behördlichen Vorgaben quasi über Nacht von 100 auf
Null gesetzt wird.»