Klares Verdi-Nein zum Sonntagskauf: «Die Leute brauchen eine Pause»

Weniger Einkäufer an mehr Tagen: Die Lockerung des
Ladenöffnungsgesetzes soll den Betrieb in den Supermärkten entzerren.
Wird es in Sachsen nun also Sonntagseinkäufe geben?

Chemnitz/Dresden/Leipzig (dpa/sn) - Der Leiter des Fachbereichs
Handel bei verdi, Jörg Lauenroth-Mago, hat sich gegen einen
verkaufsoffenen Sonntag in Lebensmittelmärkten ausgesprochen. «Die
Leute brauchen eine Pause», sagte Lauenroth-Mago der Deutschen
Presse-Agentur. Die Ausnahmeregelung sei bedenklich.

«Der Job ist hoch stressgeladen in der Krise», sagte Lauenroth-Mago.
Menschen von Hamsterkäufen zurückhalten und gleichzeitig mit der
eigenen Angst vor einer Infizierung umgehen zu müssen, strenge
«einfach viel mehr an als das Normale». Verkäuferinnen und Verkäufe
r,
Lagerarbeiter und die übrigen Beschäftigten bräuchten die
Möglichkeit, Luft zu holen.

Die Landesregierung hatte zum vergangenen Donnerstag zahlreiche
Regelungen gelockert, um die Versorgung mit Lebensmitteln und
notwendigen Waren zu erleichtern. Das Sonntagsfahrverbot für
Lastwagen samt strenger Ruhezeiten für die Fahrer wird ebenso
ausgesetzt wie das Ladenöffnungsgesetz. So soll ermöglicht werden,
dass Waren auch am Wochenende transportiert und in den Läden
angenommen werden. Die gelockerten Öffnungszeiten sollen ermöglichen,
dass Kunden sich beim Einkaufen weniger in den Läden ballen.

«Wenn Läden später öffnen und früher schließen, da muss man mir

erklären: Warum braucht man jetzt den Sonntag?», fragte der
verdi-Fachbereichsleiter. Er gehe davon aus, dass der Einzelhandel
von der Sonntagsöffnung keinen Gebrauch machen wird. Dafür reichten
die Waren nicht aus. Lauenroth-Mago warnte jedoch auch, dass ein
«Sog» entstehen könnte und alle Märkte öffnen, wenn nur einer sta
rte.

Der arbeitsfreie Sonntag im Handel war bereits vor der Krise ein
Thema für verdi. In der geltenden Manteltarif-Vertragsregelung für
den Verkauf ist Sonntagsarbeit vorgesehen. Wer in Sachsen sonntags an
der Kasse sitzt oder die Regale befüllt, wird mit 120 Prozent
entlohnt. An einem Feiertag liegt der Zuschlag bei 150 Prozent.
Gleiche Regelungen greifen für Thüringen und Sachsen-Anhalt.

In ihrer TV-Ansprache zur Coronakrise lobte Bundeskanzlerin Angela
Merkel am Mittwoch den Einsatz der Menschen in den Supermärkten.
«Danke, dass sie da sind für ihre Mitbürger und buchstäblich den
Laden am Laufen halten.» Wer in diesen Tagen an einer Supermarktkasse
sitze oder Regale befülle, der mache «einen der schwersten Jobs, die
es zur Zeit gibt».

«Unsere Mitarbeiter in den Märkten, den Logistikzentren und den
Zentralen machen bundesweit einen extrem guten Job», sagte auch der
Sprecher der Rewe Group, Andreas Krämer. Zwar gebe es im stationären
Handel als auch Online bei Nährmitteln, Konserven und
Drogerieartikeln eine verstärkte Anfrage. Die Frequenz der
Belieferung der Rewe- und Penny-Märkte sei jedoch erhöht worden. «In

Anbetracht der derzeit stabilen Versorgungslage sehen wir keine
Notwendigkeit, die Öffnungszeiten zu verändern», sagte Krämer.

Auch bei Lidl beobachtet man die aktuellen Entwicklungen nach eigenen
Angaben sehr genau. «Unser wichtigstes Ziel ist es, Mitarbeiter und
Kunden zu schützen und die Warenverfügbarkeit für die Bevölkerung
sicherzustellen», sagte eine Unternehmenssprecherin. Zum jetzigen
Zeitpunkt haben alle Filialen zu den gewohnten Öffnungszeiten
geöffnet, aktuell plane man nicht, diese auszuweiten.
«Selbstverständlich bewerten wir die Situation täglich neu.»

Konsum Dresden und Leipzig sehen klar von einer Öffnung am Sonntag
ab. «Unser Verkaufspersonal benötigt dringend diesen einen
arbeitsfreien Tag, um sich zu regenerieren und auch, um den gerade in
dieser Zeit hohen familiären Verpflichtungen nachkommen zu können.»
Im Interesse der Mitarbeiter habe man sich gegen die Ausweitung der
Öffnungszeiten entschieden. Konsum- und Frida-Märkte blieben wie
gehabt von Montag bis Samstag geöffnet.