Schutzmasken-Nachschub kommt - Corona-Sonderregeln für Pflege Von Sascha Meyer, Basil Wegener und Jörg Ratzsch, dpa

Ärzte und Pfleger gehören zu den Leuten, die nicht so einfach von
zuhause arbeiten können. Um die Epidemie einzudämmen, sollen sie mehr
Schutzausrüstung bekommen - und andere Unterstützung.

Berlin (dpa) - Im Kampf gegen das Coronavirus stehen Ärzte und
Pflegekräfte an vorderster Front - und müssen sich auf viel mehr
schwerkranke Patienten vorbereiten. Um das Gesundheitssystem dafür zu
wappnen, kommt jetzt staatlich organisierter Nachschub in Gang. Zehn
Millionen dringend benötigte Atemschutzmasken sollen an Praxen und
Krankenhäuser verteilt werden, wie das Bundesgesundheitsministerium
am Donnerstag mitteilte. In Heimen sollen Sonderregelungen die
ohnehin am Limit arbeitenden Pflegekräfte entlasten. Die Praxisärzte
wollen sich als eine Art Bollwerk vor die Kliniken stellen.

DIE KASSENÄRZTE: In vielen Praxen herrscht Ausnahmezustand. «Wir sind
von normal weit entfernt», sagt der Chef der Kassenärztlichen
Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen. Und warnt: Bricht der «Damm»
der Praxen, werden Deutschlands Krankenhäuser überfordert - wie in
Italien. «Wir tun alles dafür, dass dieser Damm hält.» Gassens
Appell: «Bleiben Sie gesund. Und bleiben Sie zu Hause!» Patienten
ohne große Beschwerden sollen gar nicht erst zum Arzt. Einzelne
Praxen sind bereits wegen Quarantänemaßnahmen beim Personal
geschlossen - aber noch nicht viele.

Die Kliniken würden derzeit geleert, um Kapazitäten für infizierte
Patienten mit schwerem Verlauf zu schaffen, sagt Gassen. Die
ambulante Versorgung diene als «Airbag», damit die Kliniken vor
Überlastung geschützt sind. «Ein Airbag ist ganz schön. Aber nieman
d
will, dass er ausgelöst werden muss.» Viele Ärzte hätten nunmehr
getrennte Sprechstunden mit Räumen für Patienten mit
Covid-19-Verdacht und anderen Patienten. Ein anderer Vorschlag:
eigene Fieberambulanzen für Patienten mit Coronaverdacht.

DIE SCHUTZAUSRÜSTUNG: Quer durch die Republik kamen zuletzt Notrufe
medizinischer Einrichtungen wegen knapp werdender Schutzausrüstung.
Masken, Brillen und Spezialanzüge werden unbedingt gebraucht, damit
sich nicht auch noch das Personal ansteckt und länger ausfällt. Die
vom Bund beschafften zehn Millionen Masken sollen jetzt dahin
verteilt werden, wo großer Bedarf besteht: in Praxen und Kliniken,
Stellen für Testabstriche, aber auch Pflegeeinrichtungen.

Weitere Großlieferungen sollen folgen. Der Haushaltsausschuss des
Bundestags hat 650 Millionen Euro für die Beschaffung von
Schutzkleidung und Material für die Intensivpflege bewilligt. Praxen
und Kliniken sollen weiter selbst einkaufen. Doch das ist nicht
leicht, das Material ist weltweit knapp. In Bayern sollen spätestens
nächste Woche mittelständischen Unternehmen mit einer
Atemschutzmasken-Produktion beginnen. Daneben gingen jetzt sieben
Tonnen Hilfsgüter samt Geräten zur künstlichen Beatmung aus
Deutschland nach Italien. Der EU-Partner leidet besonders.

DIE PFLEGEHEIME: Pflegebedürftige und auch die Pflegekräfte selbst
bräuchten nun besonderen Schutz und besondere Unterstützung, sagt
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Hintergrund ist, dass
Ältere und chronisch Kranke bei Ansteckung als sehr gefährdet gelten.
Mit Kassen und Verbänden wurden daher Sonderregeln vereinbart, um die
Arbeitsbelastung der Pflegekräfte in Heimen zu reduzieren. So soll
der Pflege-TÜV, bei dem die Qualität von Einrichtungen geprüft wird,

umgesetzt werden. Heime dürfen auch mit weniger Fachkräften
weiterarbeiten. Wenn sie wegen infizierter Bewohner oder Pflegekräfte
in Probleme kommen, müssen sie dies den Kassen melden. Dann soll
anderes Personal als Ersatz kommen.

Corona-bedingte Kosten oder Einnahmeausfälle sollen die Pflegekassen
übernehmen. Spahn sagt: «Pflegebedürftige werden nicht mit den Kosten

belastet.» Das soll schnell gesetzlich festgelegt werden. Die
Deutsche Stiftung Patientenschutz findet die Sonderregelungen gut.
«Damit können sich die Pflegekräfte auf ihre Arbeit am Menschen im
Heim konzentrieren», sagt Vorstand Eugen Brysch.