Toba und Kappel fordern Verschiebung von Olympia und Paralympics Von Ulli Brünger, dpa

Rio-Turnheld Andreas Toba und Behinderten-Sportstar Niko Kappel sehen
keine Chance mehr für faire Olympische Spiele und Paralympics. Die
Vorzeige-Athleten plädieren im dpa-Gespräch für eine rasche
Verschiebung.

Hannover/Stuttgart (dpa) - Top-Turner Andreas Toba und
Behinderten-Sportstar Niko Kappel machen sich keine Illusionen mehr.
Angesichts der fortschreitenden Coronavirus-Pandemie fordern die
deutschen Vorzeigeathleten eine sofortige Verschiebung der
Olympischen Spiele und der Paralympics in Tokio. «Nach der für mich
sehr berührenden Rede von Bundeskanzlerin Angela Merkel habe ich mir
viele Gedanken gemacht. Angesichts der immer deutlicheren Ansagen der
Politik, Medizin und Wissenschaft ist mir in den vergangenen Tagen
klar geworden: Die Olympischen Spiele müssen verschoben werden»,
sagte Toba der Deutschen Presse-Agentur.

Bisher halten die japanischen Organisatoren, das Internationale
Olympische Komitee (IOC) und das Internationale Paralympische Komitee
(IPC) an ihren Plänen fest, Olympia vom 24. Juli bis 9. August und
die anschließenden Behinderten-Spiele von 25. August bis 6. September
durchzuziehen.

Toba wurde der breiten Öffentlichkeit bekannt, als er trotz eines
kurz zuvor am Boden erlittenen Kreuzbandrisses im Knie bei Olympia in
Rio 2016 noch seine Übung am Pauschenpferd turnte, um seinem Team das
Mannschaftsfinale zu ermöglichen. Die Welt befinde sich «in einer der
schwersten Krisen der Geschichte», alle Menschen seien aufgefordert
zu Hause zu bleiben, sagte Toba nun: «Wie soll ich jetzt meinen
großen Olympia-Traum weiter leben? Auch wenn ich mir nichts
sehnlicher als Olympia wünsche.» Dem 29-Jährigen wäre eine möglic
hst
rasche Entscheidung nun am liebsten: «Ich bin fest überzeugt: Olympia
kann unter den Umständen nicht im Juli und August stattfinden.»

Dabei hat Toba am Olympia-Stützpunkt in Hannover (noch) den Vorteil,
dass er täglich trainieren darf. Andere Olympia-Stützpunkte und
Zentren wie in Stuttgart sind längst geschlossen. Psychisch sei die
Situation wegen der großen Unsicherheit sehr schwierig, berichtete
Toba zwischen zwei Übungseinheiten. «Die Werte des Sports wie
Fairness, Gleichberechtigung, Teamgeist, Respekt können wir in der
aktuellen Krise nicht aufrecht erhalten.» Auch international seien
die Unterschiede in Sachen Trainingsmöglichkeiten viel zu groß. «Vom

kompletten Verbot bis zu normalem Trainingsbetrieb, das kann nicht
fair sein», betonte Toba.

Para-Leichtathlet Kappel sieht für die Behinderten-Spiele dieselben
Probleme. Eine vernünftige Vorbereitung sei «unmöglich geworden»,
sagte der 25-Jährige aus Welzheim bei Stuttgart, der sich gerade ein
eigenes Gym im Keller seines Hauses einrichtet, weil sein
Trainingszentrum in der Schwaben-Metropole geschlossen ist. «Eine
Austragung der Paralympics ist nicht zu verantworten. Auch das IPC
sollte das jetzt erkennen», sagte Kappel.