Restaurants und viele Läden zu - Coronakrise verändert Alltag

Mit dem Bummel etwa durch Modegeschäfte ist es in Thüringen vorerst
vorbei. Die Landesregierung hat die Einschränkungen des öffentlichen
Lebens im Kampf gegen die Corona-Pandemie weiter verschärft.

Erfurt (dpa/th) -  In Thüringen steht im Kampf gegen die Ausbreitung
des Coronavirus das öffentliche Leben von Freitag an weitgehend
still. Nach dem bereits eingestellten Betrieb von Schulen und
Kindergärten und umfassenden Veranstaltungsverboten sollen ab Freitag
landesweit nun auch Gaststätten, Bekleidungsgeschäfte und
Friseurläden schließen. «Wir stehen vor der größten Herausforderu
ng
unserer jüngeren Geschichte», sagte Ministerpräsident Bodo Ramelow
(Linke) in einer Fernsehansprache, die am Abend im MDR ausgestrahlt
wurde. Er erläuterte darin die Schritte der Landesregierung zur
Eindämmung der Coronavirus-Pandemie.

Der am Donnerstag veröffentlichte neue Erlass der Landesregierung
soll in ganz Thüringen für einheitliche Regeln im Umgang mit der
Coronakrise sorgen, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums am
Donnerstag mitteilte. «Gemeinsam mit den Kreisen und kreisfreien
Städten haben wir uns auf weitere Einschränkungen zum Schutz der
Bevölkerung verständigt. So wird ein Flickenteppich verschiedener
Regelungen verhindert», sagte Gesundheitsministerin Heike Werner
(Linke) laut einem Tweet ihres Ministeriums vom Donnerstag. Die
kreisfreien Städte waren am Mittwoch mit einer Verfügung
vorgeprescht.

Weiter geöffnet bleiben Geschäfte, die für die Versorgung
unerlässlich sind, unter anderem Lebensmittelmärkte, Bäckereien,
Fleischereien, Apotheken, Drogerien und Optikgeschäfte. Ausgenommen
vom Gaststättenverbot ist der Außerhaus-Verkauf. Auf eine landesweite
Öffnung von Supermärkten auch an Sonntagen verzichtet Thüringen
vorerst. «Sollte sich die Situation ändern, müssen wir neu
nachdenken», sagte Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD).

In Thüringen sind inzwischen 108 Menschen mit dem Coronavirus
infiziert. Die Zahl der Neuinfektionen stieg damit seit Mittwoch um
weitere 26 an, wie die Staatskanzlei am Donnerstag mitteilte. Neun
Menschen werden wegen Covid-19 in Krankenhäusern behandelt. Schwere
Krankheitsverläufe wurden demnach im Freistaat bisher jedoch nicht
beobachtet. Zwei Thüringer seien genesen. Nach Angaben der
Kassenärztlichen Vereinigung soll das Netz an zentralen Stützpunkten
zur Entnahme von Abstrichen für Coronavirus-Tests bis zum Wochenende
komplett sein. Etwa 30 solcher Anlaufstellen sollen in 20 Städten zur
Verfügung stehen, darunter auch ein «Corona-Drive-In» in Gera.

Neu in dem ab Freitag geltenden Erlass ist auch, dass Eltern ihre
Kinder nicht mehr an Tagesmütter geben können, wie ein Sprecher des
Bildungsministeriums sagte. Man wolle darauf reagieren und eine
Notbetreuung für Kinder von Eltern bestimmter Berufsgruppen regeln,
die ihre Kinder bislang in die Obhut von Tagesmüttern gegeben haben.

Auch Trauerfeiern und Hochzeiten sind eingeschränkt. Trauerfeiern
sollen unter freiem Himmel stattfinden und nur mit Verwandten ersten
und zweiten Grades von Verstorbenen sowie mit Bestattungspersonal und
Trauerrednern oder Geistlichen. Bei Hochzeiten sollen neben dem
Brautpaar nur noch der Standesbeamte, die Trauzeugen sowie Eltern und
Kinder des Paares dabei sein. Einige Standesämter lassen sogar nur
das Brautpaar zu.

Die Abiturprüfungen, die am 30. April in Thüringen starten sollten,
wurden verschoben. Ein neuer Termin stehe aber noch nicht fest,
teilte das Thüringer Bildungsministerium am Donnerstag mit. Man wolle
dies in Abhängigkeit der Lage entscheiden, hieß es.

Unterdessen musste im Eichsfeldkreis die Polizei eingreifen, um eine
sogenannte Corona-Party von Jugendlichen aufzulösen. Sieben
Jugendlichen hatten am Mittwochabend auf einem Grillplatz in Uder
ohne hygienische Vorkehrungen oder sanitäre Einrichtungen mit Bier
gefeiert. Zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung des Virus sollen
auf behördliche Anweisung soziale Kontakte möglichst vermieden
werden.

Zur Versorgung der rund 500 unter Quarantäne stehenden Bewohner der
Erstaufnahmestelle für Asylbewerber in Suhl hofft Thüringen derweil
auf Hilfe der Bundeswehr. Bundesverteidigungsministerin Annegret
Kramp-Karrenbauer (CDU) habe mit den Ländern über eine mögliche Hilfe

der Bundeswehr zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus
gesprochen, sagte ein Sprecher der Thüringer Landesregierung auf
Anfrage. «Es wäre fahrlässig, diese Hilfe - sofern sie nötig ist -

nicht in Anspruch zu nehmen.»

Ein entsprechendes Ersuchen an die Bundeswehr sei gestellt, laut
Migrationsministerium ist das Ergebnis noch offen. Um die Bewachung
der Einrichtung, aus der die Polizei zur Durchsetzung der Quarantäne
am Dienstag mehrere Bewohner herausgeholt und verlegt hatte, gehe es
bei dem Ersuchen nicht, betonte der Regierungssprecher.