Langsame Entspannung nach Stau-Chaos - Bundeswehr weiter im Einsatz

Auf den Autobahnen in Sachsen und Brandenburg ist weiterhin Geduld
gefragt. Helfer sind im Einsatz, um die Wartenden zu versorgen. Polen
will die Situation mit einer Lockerung der Kontrollen verbessern.

Görlitz/Potsdam/Warschau (dpa/sn) - Nach dem Stau-Chaos an den
deutsch-polnischen Grenzen ist etwas Entspannung in Sicht: Zwar
stauten sich Lastwagen und Pkw auf den Autobahnen in Sachsen und
Brandenburg am Donnerstag immer noch über viele Kilometer - die
Autoschlangen waren aber weniger lang als am Tag zuvor. Auf der A 4
in Richtung Görlitz hatte sich der Stau auf rund 30 Kilometer
verkürzt - am Mittwochabend waren es noch 60 Kilometer. «Es hat sich
alles etwas eingespielt», sagte eine Polizeisprecherin am Nachmittag.
Die Lastwagen kämen etwas schneller voran. Die Bundeswehr bleibt aber
vorerst im Stau-Einsatz, um Wartenden zu helfen.

Auf der Autobahn 12 betrug der Stau am Donnerstagnachmittag 55
Kilometer, fast bis an das Kreuz Spreeau heran. Auf der A 11 waren es
rund 41 Kilometer und auf der A 15 etwa acht Kilometer. An Autofahrer
wurde appelliert, die Autobahnen für Privatfahrten weitgehend zu
meiden. «Wir brauchen die Autobahnen für die Versorgung der
Bevölkerung», betonte Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann
(CDU) am Donnerstag. Guben hingegen denkt angesichts des Dauerstaus
über eine Sperrung der Zufahrtsstraße nach. «Die Situation belastet
die Menschen», sagte Bürgermeister Fred Mahro (CDU). Mittlerweile
reiche der Stau etwa vier bis fünf Kilometer durch die rund 17 000
Einwohner zählende Stadt.

Um eine weitere Ausbreitung des Coronavirus zu erschweren, hatte
Polen am Wochenende an Grenzübergängen zu Deutschland Kontrollen
eingeführt. Seitdem haben sich an den Grenzübergängen an den
Autobahnen große Staus Richtung Osten gebildet. Als Reaktion darauf
hatte Polen in der Nacht zu Donnerstag die Vorschriften für die
Kontrollen von Lastwagenfahrern und Berufspendlern gelockert. Man
habe die Arbeitsabläufe bereits verbessert, sagte Regierungschef
Mateusz Morawiecki am Donnerstag in Warschau. «Die Schlangen an der
westlichen Grenze mit Deutschland haben sich schon verkürzt, und wir
werden alles tun, damit der Verkehr innerhalb der kommenden Stunden
ohne Hindernisse ablaufen kann.»

In Jedrzychowice an der A4 bei Görlitz wurde außerdem zur Entzerrung
des Verkehrs ein weiterer Punkt zur Kontrolle von Lastwagen eröffnet,
wie die Autobahndirektion in Wroclaw mitteilte. Lastwagen werden nun
auch östlich des Grenzübergangs zwischen der Abfahrt Zgorzelec und
der Autobahnraststätte Zarska Wies kontrolliert. Pkw-Fahrer haben die
Möglichkeit, die Autobahn auf diesem Abschnitt zu umfahren.

In Sachsen befand sich das Stauende am Donnerstagnachmittag zwischen
den Abfahrten Bautzen-Ost und Weißenberg in Richtung Görlitz. Die
Polizei rät dennoch, die Autobahn in Richtung Görlitz ab Dresden
weiterhin zu meiden. Die Auffahrten ab Hermsdorf in Richtung Grenze
bleiben weiterhin gesperrt. Wer vorher auf die Autobahn fährt, darf
ab Hermsdorf nur mit einer Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometern
fahren, um Auffahrunfälle am Stauende zu vermeiden. Laut Polizei
wurden am Donnerstag rund 1500 Fahrzeuge auf der A4 kontrolliert -
360 waren zu schnell unterwegs.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) geht davon aus, dass
sich die Staus nun nach und nach abbauen. «Wir haben die Lage im
Griff.» Helfer von Hilfsorganisationen hatten seit Mittwochnacht über
1000 Versorgungspakete verteilt und die medizinische Erstversorgung
gewährleistet.

In Sachsen ist die Bundeswehr auf der Autobahn 4 in Richtung
polnischer Grenze weiter im Einsatz. Seit Mittwochabend versorgen
dort rund 50 Soldaten der Panzergrenadierbrigade 37 aus Frankenberg
vor allem Lkw-Fahrer, die 20 Stunden und länger auf die
Grenzkontrollen der polnischen Seite warten müssen. «Wir tauschen am
Freitag die Einsatzkräfte aus und schicken etwa 50 Panzergrenadiere
aus Gera auf die A 4», sagte Oberstleutnant Eric Gusenburger,
Sprecher des Landeskommandos Sachsen, auf Anfrage. Der Einsatz laufe
reibungslos, die Fernfahrer seien für die Hilfe sehr dankbar. «Oft
geht der Daumen hoch, die Fahrer freuen sich über die Unterstützung.»


Der Deutsche Tierschutzbund forderte unterdessen einen Stopp von
Transporten von lebenden Tieren. Zahlreiche Tiertransporter würden
derzeit in den Staus festhängen, hieß es. Schon unter normalen
Umständen seien Transporte durch Europa eine Tortur. «Kommt es zu
Störungen, wie es jetzt in Zeiten von Corona der Fall ist, werden es
Höllenfahrten», so Tierschutzbund-Präsident Thomas Schröder. Ihnen

fehle es häufig an Wasser und Futter, Kühe könnten nicht gemolken
werden.