Coronavirus: Forderungen nach Schließung von Abschiebehaftanstalt

Deutschland kann wegen der Coronakrise kaum noch abgelehnte
Asylbewerber abschieben. Doch welche Konsequenzen hat das für die
Abschiebehaft? Denn dafür gelten Fristen.

Dresden (dpa/sn) - Die Coronakrise muss nach Ansicht der Linken
Konsequenzen für die Unterbringung von Flüchtlingen haben. Die
Landtagsabgeordnete Juliane Nagel forderte am Donnerstag, die
Abschiebehaft auszusetzen und die Prävention in Asylunterkünften zu
verstärken. Geflüchtete müssten gleichberechtigt versorgt werden.

«Ich wünsche mir in Sachsen ein kluges präventives Handeln. Die
Belegung in den Erstaufnahmeeinrichtungen sollte reduziert werden.
Insbesondere Risikopersonen wie ältere und kranke Menschen sowie
Familien sollten sofort in Wohnungen untergebracht werden», sagte die
Politikerin. Denn in zentralen Sammelunterkünften sei das
Ansteckungsrisiko um ein Vielfaches größer.

«Genauso wie Wohnungslose oder Inhaftierte haben Geflüchtete
insbesondere in den Erstaufnahmeeinrichtungen keine geschützten
Rückzugsräume. Häusliche Quarantäne ist für sie unmöglich», b
etonte
Nagel. Darum gelte es jetzt, für solche Fälle Wohnraum zu schaffen.
Denkbar wäre es auch, eine der Erstaufnahmeeinrichtungen im
Standby-Modus zu aktiveren und dort Verdachtsfälle zu isolieren.

Die Dresdner Kontaktgruppe für Flüchtlinge in der Abschiebehaft
verlangte am Donnerstag wie schon zuvor der Sächsische Flüchtlingsrat
eine Schließung der entsprechenden Einrichtung in Dresden. Wegen der
Ausbreitung des Coronavirus würden immer mehr Länder ihre Grenzen
schließen, hieß es. Abschiebungen in Länder wie Italien, Rumänien
oder Marokko seien nicht mehr möglich. Dennoch befänden sich noch
mehrere Menschen in der Abschiebungshaftanstalt Dresden, obwohl ihre
Rückführung bis auf Weiteres nicht durchgeführt werden kann.

«Abschiebehaft ist unzulässig, wenn die Abschiebung nicht sicher
durchgeführt werden kann», betonte Toni Kreischen, Sprecherin der
Kontaktgruppe. Besuche sind in der Anstalt derzeit untersagt,
Rechtsberatung nur eingeschränkt möglich. Die Landesdirektion Sachsen
habe bisher noch keine Lösung gefunden, wie sie epidemiologischen
Anforderungen gerecht werden wolle.

Laut Landesdirektion befinden sich derzeit fünf Personen in
Abschiebehaft, der Ausreisegewahrsam ist nicht belegt. Am Dienstag
hatte die Behörde angekündigt, neu ankommende Flüchtlinge vorsorglich

zunächst separat unterzubringen. Allerdings sei bisher kein
Asylbewerber positiv auf das Virus getestet worden. In einem solchen
Fall müsste die betroffene Erstaufnahmeeinrichtung geschlossen
werden. Kapazitäten seien vorhanden, hieß es.

Das Abschiebegefängnis in Dresden ist seit Dezember 2018 in Betrieb.
Dort stehen 58 Plätze zur Verfügung, darunter 24 für die
Abschiebungshaft und 34 für den Ausreisegewahrsam. Die Dauer der
Unterbringung in der Haft ist auf höchstens 18 Monate begrenzt, beim
Gewahrsam sind es maximal zehn Tage. Über Anträge auf eine
Abschiebehaft müssen Gerichte befinden. Haft und Gewahrsam sind für
Ausländer gedacht, die zur Ausreise verpflichtet sind und bei denen
es Hinweise gibt, dass sie untertauchen wollen.