Notbetrieb an Gerichten - keine Gefängnisbesuche mehr

Die Thüringer Gerichte reagieren auf die Coronakrise und streichen -
bis auf wenige Strafsachen - alle Prozesse. In den Gefängnissen
werden die Besuche eingestellt.

Erfurt (dpa/th) - Die Ausbreitung des Coronavirus führt auch an den
Thüringer Gerichten und in den Gefängnissen zu weitreichenden
Einschränkungen. An den Landgerichten in Erfurt, Gera und Meiningen
gibt es nach eigenen Angaben vom Donnerstag kaum noch Verhandlungen.
Auch Verwaltungsgerichte arbeiten im Notbetrieb. Das
Justizministerium teilte mit, dass in den Haftanstalten Besuche nur
noch im Einzelfall und aus zwingenden Gründen erlaubt seien,
beispielsweise für notwendige Kontakte mit Rechtsanwälten. Das gelte
bis zum 19. April.

Neuzugänge in den Gefängnissen sollen nach Möglichkeit für zwei
Wochen in einem gesonderten Bereich separat untergebracht werden.
Sport, Arbeit und Ausbildung hinter Gittern erfolgen demnach bis auf
Weiteres nur in Kleingruppen oder einzeln. Zur Minimierung des
Infektionsrisikos sollen außerdem Ersatzfreiheitsstrafen laut dem
Ministerium vorerst nicht vollstreckt, sondern aufgeschoben werden.
«Bislang hat es noch keinen Corona-Fall unter den Bediensteten
beziehungsweise Gefangenen gegeben», erklärte Justizminister Dirk
Adams (Grüne).

Das Landgericht Erfurt hat bis Ende April nahezu alle Prozesse
gestrichen. Nach derzeitigem Stand gibt es nur noch
Fortsetzungstermine bei der Strafkammer, um Fristen zu wahren, wie
ein Gerichtssprecher mitteilte. Alle anderen Verhandlungen seien im
Zeitraum vom 23. März bis 30. April diesen Jahres aufgehoben. Im
Zivilrecht seien die Fristen ausgesetzt, im Strafrecht aber gelten
diese weiter. «Es gibt beim Gericht eine Notbesetzung, so dass der
Notbetrieb aufrechterhalten bleibt», so der Sprecher.

Auch der Verhandlungsplan am Landgericht Gera wurde stark ausgedünnt.
Es stünden nur noch Termine auf der Verhandlungsliste, bei denen
Fristen gewahrt bleiben müssten, erklärte eine Sprecherin. Ähnliches

gilt für das Landgericht Meiningen, dort tritt ab Freitag ein
Pandemieplan in Kraft, womit der Sitzungsbetrieb weitestgehend
eingestellt wird. Bei Strafsachen würden nur noch unaufschiebbare
Haftsachen verhandelt, hieß es. Vom Landgericht Mühlhausen lagen
keine Angaben vor.

Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt hat seinen Betrieb ebenfalls
heruntergefahren. «Aber es gibt keinen Stillstand der Rechtswege.
Schriftsätze werden entgegengenommen und Fristen müssen gewahrt
werden», sagte ein Sprecher. Das Gericht versuche, soweit möglich,
auf mündliche Verhandlungen zu verzichten, um etwa Anreisen für
ehrenamtliche Richter, Parteien und Anwälte zu vermeiden. «Gut wäre,

wenn die E-Akte jetzt schon eingeführt wäre, statt nur in der
Testphase zu sein.»

Das Oberverwaltungsgericht in Jena sagte mit Ausnahme von
unaufschiebbaren Angelegenheiten ebenfalls alle mündlichen
Verhandlungen ab. Anträge, Klagen und Schriftsätze könnten ungeachtet

dessen auf dem gewohnten Weg eingereicht werden. Ebenso stellten das
Thüringer Oberverwaltungsgericht, der Thüringer
Verfassungsgerichtshof und die Verwaltungsgerichte in Weimar und Gera
auf Notbetrieb um.

Laut dem Bundesjustizministerium wird derzeit an einer Regelung
gearbeitet, wonach Gerichte laufende Strafprozesse wegen der
Coronakrise länger als bisher erlaubt unterbrechen dürfen. Geplant
sei eine Pause von maximal drei Monaten und zehn Tagen.