Deutsche Bahn: Lebensmittel auf Güterzügen transportieren

Die Coronakrise setzt Spediteure unter Druck: Hamsterkäufe, Staus an
den Grenzen und Lastwagenfahrer in Quarantäne machen ihnen zu
schaffen. Der Güterverkehr auf der Schiene will einspringen.

Berlin (dpa) - Angesichts der angespannten Liefersituation bei
Alltagsprodukten hat die Güterverkehrschefin der Deutschen Bahn,
Sigrid Nikutta, für mehr Transporte auf der Schiene geworben. «Wir
fahren problemlos über die Grenzen und haben dort keine Stausituation
wie die Lastwagen vor der polnischen Grenze», sagte sie am Donnerstag
der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit würden durch den Ausfall weiter
Teile der deutschen Industrieproduktion im großen Umfang Kapazitäten
im Güterverkehr frei. «Unser Netzwerk fährt und ist aufnahmefähig
»,
sagte sie. «Lebensmittel, Hygieneprodukte und Arzneimittel können
jetzt über die Schiene transportiert werden.»

Wie sich die derzeitige Situation während der Coronakrise in den
nächsten Wochen auf die Sparte auswirken werde, sei derzeit noch
nicht absehbar, sagte Nikutta. Die Bahntochter DB Cargo hatte schon
vor der Sars-CoV-2-Pandemie deutliche Verluste verzeichnet. Ob und
wie sich die finanzielle Situation nun verschärfen werde, bleibe
abzuwarten, sagte Nikutta. «Wenn die Industrieunternehmen
runterfahren, das werden wir spüren. Es ist aber noch zu früh über
die Auswirkungen zu spekulieren.»

Neben Nikutta sprachen sich am Donnerstag auch der Verband Deutscher
Verkehrsunternehmen (VDV) sowie das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen
(NEE) für mehr Transporte von Lebensmitteln und anderem Konsumgütern
über die Schiene aus. «Wettbewerbsbahnen wie auch die DB haben die
Kapazitäten, wir können mehr leisten und wir wollen mehr leisten»,
teilte VDV-Geschäftsführer für Güterverkehr Martin Henke in einer
gemeinsamen Stellungnahme mit.

Am Vortag hatte der Bundesverband Spedition und Logistik die Lage auf
den Straßen als angespannt, aber stabil bezeichnet. «Wir haben keine
Fälle, in denen die Logistik einen Aussetzer hat, um Industrie,
Handel und Bevölkerung zu versorgen», sagte DSLV-Hauptgeschäftsführ
er
Frank Huster der dpa. Er gehe davon aus, dass in den kommenden Tagen
und Wochen das Containervolumen an den Häfen in Deutschland um drei
Viertel zurückgehe. Dadurch würden auch bei Lastwagen Kapazitäten
frei. Gleichzeitig verschärfe sich die Lage aber beim Fahrermangel,
weil viele osteuropäische Fahrer nach der Rückkehr in ihre
Heimatländer unter Quarantäne gestellt würden.

Schon jetzt sei erkennbar, dass die betroffenen Produkte zunehmend
auf der Schiene transportiert würden, sagte DB-Cargo-Chefin Nikutta.
«Es beginnt im so oft diskutierten Einzelwagensystem.» Dort sei es
ohne weiteres möglich, weitere Waggons an die Züge zu hängen. «Das

merken wir, und ich glaube, das ist im Moment auch der klügste Weg.»

Der Verband der Güterwagenhalter in Deutschland, VPI, forderte
ebenfalls am Donnerstag von der Bundesregierung, Instandhaltungswerke
für Züge und Waggons als systemrelevant anzuerkennen. Auf diese Weise
solle verhindert werden, dass wichtige Reparaturen nicht durchgeführt
würden, weil Beschäftigte in den Werkstätten in Quarantäne geschick
t
würden. «Wagenhalter sind auf ein europaweit funktionierendes Netz
von Werkstätten angewiesen. Vorbeugende Quarantäne für
Werkstattpersonal würde die Verfügbarkeit von Güterwagen und damit
auch den Schienengüterverkehr insgesamt spürbar einschränken», hie
ß
es in einer Mitteilung des VPI.