Wären Ausgangssperren in Deutschland machbar?

Berlin (dpa) - Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, haben
Bund und Länder umfangreiche Maßnahmen vereinbart. Eine
Ausgangssperre wie in anderen Staaten sieht das Paket derzeit nicht
vor. Sie wäre aber denkbar, falls die bisher beschlossenen Schritte
sich als nicht ausreichend erweisen, um einen raschen Anstieg der
Infektionen zu verhindern.

Eine Ausgangssperre müsste man sich mit Ausnahmen für wichtige
Erledigungen, Arztbesuche oder den Weg zur Arbeit vorstellen. Solche
Regelungen gibt es zum Beispiel in Frankreich oder Spanien.

«Ausgangssperren könnte man auf Paragraf 28 im Infektionsschutzgesetz
stützen», sagt der Staatsrechtler Stephan Rixen von der Universität
Bayreuth dazu. «Da das Robert Koch-Institut die Gefährdungslage
mittlerweile als hoch einschätzt, wäre das begründbar.» Das Institu
t
stufte die Gefährdungslage am Dienstag von «mäßig» auf «hoch»
.

Das Wort «Ausgangssperre» kommt im Gesetz nicht vor, allerdings
finden sich dort Regelungen, auf die sich die zuständigen
Länderbehörden bei einer solchen Maßnahme stützen könnten. Der
bayerische Landkreis Tirschenreuth benutzt das Wort in seiner
Verfügung einer Ausgangssperre in der Stadt Mitterteich.

Welche Strafen beim Verstoß gegen Ausgangssperren drohen könnten,
hängt von der Lesart des Infektionsschutzgesetzes ab. Dort steht zwar
in Paragraf 28, die zuständige Behörde könne «Personen verpflichten
,
den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr
bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen
durchgeführt worden sind». Wer einer solchen verbindlichen Anordnung
zuwiderhandelt, müsste laut Infektionsschutzgesetz mit einer
Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe
rechnen. Diese Regelung umfasst aber eher vorübergehende als
längerfristige Ausgangssperren, erläutert Rixen.

Allerdings ist in einem anderen Satz des gleichen Paragrafen auch
eine allgemeinere Klausel enthalten, wonach «die zuständige Behörde
die notwendigen Schutzmaßnahmen» ergreifen könne, «soweit und solan
ge
es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten
erforderlich ist». Paragraf 28, Absatz 1, Satz 1 des
Infektionsschutzgesetzes bezieht sich unter anderem - aber nicht
ausschließlich - auf Maßnahmen wie Quarantäne für erkrankte oder
positiv getestete Personen. Ein Verstoß gegen eine vollziehbare
Anordnung auf dieser Grundlage - etwa zur Umsetzung einer
längerfristigen Ausgangssperre beziehungsweise Ausgangsbeschränkung -
wäre eine Ordnungswidrigkeit und kann mit einer Geldbuße von bis zu
25 000 Euro geahndet werden, wie Rixen erläutert.