Absage der Mobilfunk-Messe MWC sorgt für Kritik Von Andrej Sokolow und Emilio Rappold, dpa

Der Mobilfunk-Branchentreff Mobile World Congress fällt in diesem
Jahr der Coronavirus-Gefahr zum Opfer. Nach einer Flut von Absagen
großer Aussteller machten die Veranstalter einen Rückzieher. Die
Entscheidung stößt in Spanien auf Kritik.

Barcelona (dpa) - Die weltweit wichtigste Mobilfunk-Messe MWC in
Barcelona fällt in diesem Jahr wegen der Coronavirus-Gefahr aus - und
die Entscheidung der Veranstalter sorgt für Ärger in Spanien. So
forderte die für Handel, Industrie und Tourismus zuständige
Ministerin Reyes Maroto, die Firmen müssten begründen, warum sie den
Mobile World Congress abgesagt, nicht aber ihre Teilnahme an anderen
ähnlichen Events gestrichen hätten.

In den vergangenen Tagen hatten viele große Aussteller von der
Deutschen Telekom und Vodafone bis zu den Netzausrüstern Nokia und
Ericsson ihre Teilnahme aus Sorge um die Gesundheit von Mitarbeitern
abgesagt. Die Messeveranstalter von der Branchenvereinigung GSMA
hielten noch am Wochenende an dem Termin vom 24. bis 27. Februar fest
- gaben aber am Mittwochabend schließlich auf und sagten den MWC ab.

Die große Frage für die Zukunft ist nun, ob die Absage erste Risse in
die MWC-Erfolgsstory bringt. Denn manche Anbieter könnten ihre
Teilnahme an künftigen Events überdenken, wenn sie feststellen, dass
ihr Geschäft im Jahr ohne den teueren Messeauftritt keinen Schaden
nahm. So markierte die Finanzkrise 2008 den Anfang vom Ende der
Computermesse Cebit in Hannover: Viele Aussteller blieben ihr damals
fern und kamen auch später nicht wieder. Jetzt beteuerten viele große
Player immerhin, sie freuten sich auf die MWC-Ausgabe 2021.

Der MWC gilt als die weltweit wichtigste Veranstaltung der
Mobilfunkbranche und ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen.
Die GSMA erwartete zu der Messe in diesem Jahr wieder mehr als
100 000 Besucher und mehr als 2800 Aussteller. Für Barcelona ist sie
auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor - der Effekt für das Gastgewerbe
und andere Branchen wird von der GSMA auf nahezu eine halbe Milliarde
Euro geschätzt.

Am Tag nach der Absage gab es entsprechend viel Bedauern und Kritik
von Hotel- und Restaurant-Betreibern, von Taxifahrern und
Ladenbesitzern. «Eine kalte Dusche», titelte die katalanische Zeitung
«El Periódico», «La Razón» sprach von «einem wahren Erdbeben
».

Die Mobilfunk-Anbieter-Vereinigung GSMA, die die Messe veranstaltet,
habe sich «die Entscheidung nicht leicht gemacht», beteuerte
unterdessen ihr Chef John Hoffman. Man habe auch die Verschiebung des
MWC auf einen späteren Zeitpunkt in Betracht gezogen, sagte er am
Donnerstag in Barcelona. Es sei aber unmöglich, vorherzusagen, wann
sich die Situation um das Coronavirus ändern werde.

Auf die Millionenverluste angesprochen sagte GSMA-Generaldirektor
Mats Granryd in Barcelona: «Es geht nicht um Geld. Es geht um die
Sicherheit und um die Gesundheit der Menschen.» Obwohl man die
GSMA-Entscheidung «respektiert», lässt man dieses Argument aber weder

in Barcelona noch in Madrid gelten. Die Vizechefin der
sozialistischen Zentralregierung, Carmen Calvo, versicherte, der MWC
sei «nicht aus gesundheitlichen Gründen» abgesagt worden. «Es gibt

andere Motive», meinte sie, ohne diese aber zu nennen.

Barcelona-Bürgermeisterin Ada Colau betonte auf der gemeinsamen
Pressekonferenz mit den GSMA-Vertretern: «Wir waren darauf
vorbereitet, die beste Messe aller Zeiten zu organisieren.» Einer der
angesehensten Epidemiologie-Experten Spaniens, Antoni Trilla,
beklagte: «Die Angst hat irgendwie die Wissenschaft besiegt.»

Die britische Ausgabe des Magazins «Wired» berichtete am Mittwoch,
die GSMA habe zunächst versucht, die Behörden der spanischen Provinz
Katalonien zu überzeugen, einen Gesundheits-Notstand auszurufen. Das
wäre für sie wichtig gewesen, um die Ausgaben von Versicherungen
zurückzubekommen. Die Gesundheitsbehörden sahen aber «keinen Grund,
Notmaßnahmen zu ergreifen». Damit war der Ball im Feld der GSMA. Die
«Financial Times» berichtete, Gespräche darüber, wer die Kosten
tragen soll, gingen auch nach der Absage weiter.