Debatte über SPD-Vorstoß zum Kiffen

Soll der Besitz von kleinen Mengen Cannabis künftig straffrei sein?
Die SPD-Bundestagsfraktion schlägt das vor - und stößt damit auf
Zustimmung und Widerspruch.

Berlin (dpa) - Die Bundesdrogenbeauftragte Daniela Ludwig hat einen
Vorstoß der SPD-Bundestagsfraktion für einen offeneren Umgang mit
Cannabis zurückgewiesen. Der Beschluss der Sozialdemokraten biete
keine Lösungen, «damit weniger Menschen kiffen. Das sollte aber unser
Ziel sein», sagte die CSU-Politikerin am Donnerstag in Berlin.
Zustimmung kam dagegen vom Deutschen Hanfverband.

Die SPD-Fraktion hatte am Dienstag ein Positionspapier verabschiedet,
wonach der Besitz kleiner Mengen Cannabis zum Eigengebrauch nicht
mehr strafrechtlich verfolgt werden, sondern nur noch eine
Ordnungswidrigkeit sein soll. Die SPD-Fraktion spricht von einer
«Abkehr von der bisherigen Cannabis-Verbotspolitik in Deutschland».

In dem Positionspapier fordern die Sozialdemokraten außerdem, dass in
Modellprojekten «gewillten Kommunen der Weg zu einer legalen und
regulierten Abgabe von Cannabis ermöglicht werden» solle. Diese
Projekte müssten durch Begleitforschung mit Blick auf den
Jugendschutz und auf die Auswirkungen auf den Straßenverkehr
flankiert werden. Die SPD-Fraktion will nach eigener Aussage damit
den Konsum «entkriminalisieren». «Weder Verbot noch Strafverfolgung
konnte Cannabiskonsum verhindern, er steigt sogar seit Jahren an»,
heißt es in dem Papier.

Die Behauptung der SPD, nur eine Entkriminalisierung führe zu weniger
Konsum, entbehre jeder Grundlage, kritisierte dagegen die
Drogenbeauftragte. Das SPD-Papier lasse außerdem offen, welche Mengen
Cannabis straffrei bleiben sollen. Nach Ansicht der CSU-Politikerin
sollte Prävention «ganz weit oben stehen». Sie werde dazu demnächst

ein neues Projekt auf den Weg bringen.

Begrüßt wurde der SPD-Vorstoß vom Deutschen Hanfverband. Man erwarte

nun Verhandlungen der SPD mit dem Koalitionspartner Union. Die
SPD-Fraktion müsse ihrem Beschluss Taten folgen lassen, sagte
Hanfverbands-Geschäftsführer Georg Wurth am Mittwoch. «Union und AfD

stehen mit ihrer repressiven Cannabispolitik jetzt ganz allein da».
Der Hanfverband ist nach eigenen Angaben ein Unternehmen, das
Lobbyarbeit «für eine bessere Cannabispolitik» macht.

In der Vergangenheit hatten allerdings auch Unionspolitiker bereits
für einen weicheren Kurs beim Thema Cannabis plädiert. So hatte sich
der CDU-Innenpolitiker Marian Wendt dafür offen gezeigt, Cannabis für
den Eigenbedarf freizugeben. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU)
sagte, er sei für eine offene Debatte «ohne Scheuklappen» über
möglich neue Ansätze. Dabei könne man sich auch anschauen, was in
anderen Ländern bei einer Legalisierung passiere - unter anderem was
die Kriminalität angehe. Zum SPD-Vorstoß zur Straffreiheit, sagte
eine Sprecherin aus Spahns Ministerium am Mittwoch: «Wir kommentieren
Parteipapiere nicht und sehen im Moment keinen Änderungsbedarf.»

Daten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zufolge ist
der Cannabiskonsum bei jungen Menschen in den vergangenen Jahren
deutlich gestiegen. 2018 gaben demnach 22 Prozent der 18- bis
25-Jährigen an, in den zurückliegenden zwölf Monaten mindestens
einmal Cannabis konsumiert zu haben. 2016 waren es noch 16,8 Prozent
und 2008 11,6 Prozent.

Strafrechtlich verfolgt werden Besitz und Konsum in den Bundesländern
bisher unterschiedlich. Nach Angaben des Hanfverbands haben die
Länder jeweils eigene Verordnungen oder Anweisungen an die
Staatsanwaltschaften, was die Besitzmengen angeht. In vielen
Bundesländern sind es 6 Gramm, in Berlin sogar bis zu 15 Gramm, die
nicht zu einer Strafverfolgung führen. Seit 2017 können Ärzte in
Deutschland bei bestimmten Erkrankungen Cannabis verschreiben.