Anstieg der Virus-Nachweise etwas schwächer - Deutsche kommen zurück

Weitere Deutsche sollen in Sicherheit gebracht werden. In China gibt
es weiterhin Tag um Tag Tausende neue Nachweise des Coronavirus. Die
Regierung dort startet nun eine politisch heikle Untersuchung.

Peking/Berlin (dpa) - Der tägliche Anstieg der neu bestätigten
Coronavirus-Infektionen in China hat sich etwas abgeschwächt - ist
aber weiter sehr hoch. Am Wochenende sollen weitere Deutsche aus der
besonders stark betroffenen 11-Millionen-Metropole Wuhan zurückgeholt
werden. China will den Tod eines Arztes untersuchen, der schon früh
vor der neuen Epidemie gewarnt hatte.

Die Zahl der Ansteckungen in China legte innerhalb eines Tages um
3143 zu. Damit waren 31 161 Fälle bestätigt, so die
Gesundheitskommission in Peking am Freitag. Es war der zweite Tag in
Folge, an dem nicht mehr neue Ansteckungen als am Vortag gemeldet
wurden. Innerhalb eines Tages starben aber wieder 73 Patienten an der
neuartigen Lungenkrankheit - so viele wie am Vortag. Damit gibt es in
China 636 Todesfälle.

Ob mit den neuen Zahlen bereits ein Trend bei den Ansteckungen
erkennbar ist, ist offen, da die Statistik auch mit der Zahl der
laufenden Untersuchungen schwanken kann. Der Verlauf der Epidemie ist
aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) schwer vorherzusagen.
Abgesehen von den besonders betroffenen Gebieten in Zentralchina
scheine die Lage in China im Moment relativ stabil zu sein, sagte
WHO-Experte Michael Ryan in Genf.

Am Wochenende möchte die Bundesregierung weitere Deutsche mit einigen
Angehörigen aus Wuhan zurückholen. Es gebe dort «einzelne Personen»
,
die sich erst nach dem Rückholflug am vergangenen Samstag gemeldet
oder es nicht rechtzeitig zum Flughafen geschafft hätten, hieß es aus
dem Auswärtigen Amt am Donnerstagabend. «Wir bemühen uns intensiv
darum, auch diesen Personen eine Ausreise zu ermöglichen.» Insgesamt
sollen etwa 20 Menschen nach Deutschland kommen. Möglicherweise
können sie mit einer größeren Gruppe von Briten ausfliegen. Sie
sollen laut «Spiegel» in einer Klinik in Berlin-Köpenick in
Quarantäne kommen.

Der Kampf gegen das Coronavirus könnte zu einem weltweiten Engpass an
Schutzkleidung führen. «Wir schicken Tests, Masken, Handschuhe,
Atemschutz und Kittel in alle Regionen der Welt, aber die Welt blickt
einem chronischen Mangel an persönlicher Schutzausrüstung entgegen,
wie Sie sich vielleicht vorstellen können», sagte WHO-Generaldirektor
Tedros Adhanom Ghebreyesus am Freitag.

Nach dem Tod des chinesischen Arztes Li Wenliang startete Chinas
Regierung eine politisch heikle Untersuchung. Der Arzt hatte
frühzeitig vor dem Ausbruch der neuen Lungenerkrankung gewarnt, wurde
kurz darauf aber von der Polizei verwarnt und durfte zunächst nichts
mehr darüber verbreiten. Die staatliche Aufsichtskommission entsandte
ein Ermittlungsteam nach Wuhan. Es gehe «um die «Fragen des Volkes»
zu den Vorfällen. Der Tod des 34-jährigen Augenarztes, der am
Donnerstagabend an der Lungenkrankheit gestorben war, hat große
Anteilnahme ausgelöst. Sein Schicksal symbolisiert für viele die
Folgen der Vertuschung und langsamen Reaktion der Behörden.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping sieht den Kampf gegen die
Ausbreitung des neuartigen Coronavirus in einer «entscheidenden
Phase». In einem Telefonat mit US-Präsident Donald Trump gab er sich
zuversichtlich, dass China die Epidemie in den Griff bekomme. Das
ganze Land sei mobilisiert und habe strenge Maßnahmen zur Vorbeugung
ergriffen. «Wir sind vollauf zuversichtlich und in der Lage, die
Epidemie zu besiegen.» Er übte Kritik am Einreiseverbot der USA für

Chinesen und Ausländer, die in China waren - mit Ausnahme von
Angehörigen von US-Bürgern.

Außerhalb von Festland-China sind in mehr als zwei Dutzend Ländern
über 270 Infektionen und zwei Todesfälle bestätigt. In Deutschland
gab es den 14. Fall. Der Erreger wurde bei der Frau eines Infizierten
aus Bayern nachgewiesen, wie das bayerische Gesundheitsministerium am
Freitagabend mitteilte. Damit gibt es in Bayern zwölf Fälle, alle
stehen in Zusammenhang mit dem Autozulieferer Webasto. Dort hatten
sich Mitarbeiter bei einer Kollegin aus China angesteckt. Auch wurden
zwei aus China ausgeflogene Rückkehrer positiv getestet.

Die «Art Basel Hong Kong», eine der renommiertesten Kunstmessen
Asiens, wurde abgesagt. Sie sollte mit rund 240 Ausstellern vom 19.
bis 21. März stattfinden. Verschiedene Faktoren, die «alle eine Folge
der Verbreitung des Coronavirus» seien, hätten zu der Entscheidung
geführt, teilte der Veranstalter MCH Group mit.

Wegen Virusfällen werden in Japan und Hongkong zwei Kreuzfahrtschiffe
mit rund 7000 Passagieren und Besatzungsmitgliedern in Quarantäne
festgehalten. Auf der «Diamond Princess» vor Yokohama wurden weitere
41 Infektionen festgestellt, wie das Gesundheitsministerium bekannt
gab. Damit stieg die Zahl der Ansteckungen an Bord auf 61. Nach neuen
Erkenntnissen der Botschaft sind zehn Menschen mit deutscher
Staatsangehörigkeit auf dem Schiff, unter den Infizierten sind aber
keine Deutschen. Die mehr als 2000 Passagiere sowie 1045
Crew-Mitglieder sollen bis 19. Februar an Bord bleiben.

Auch auf dem Kreuzfahrtschiff in Hongkong mit mehr als 1800
Passagieren und 1800 Crewmitgliedern laufen Untersuchungen. Bei drei
Passagieren, die im Januar mit der «World Dream» gereist waren, war
das Virus festgestellt worden. Da das Schiff seither noch dreimal in
Hongkong angelegt hatte, wurden weitere 5000 Passagiere aufgefordert,
Kontakt mit den Behörden aufzunehmen, wenn sie sich nicht wohl
fühlen. Weitere Infektionen wurden aber zunächst nicht bekannt.

In Thailand reagierte Gesundheitsminister Anutin Charnvirakul
angesichts der Lage verärgert auf westliche Touristen, die sich
seinen Angaben zufolge weigerten, Masken zu tragen. «Sie sollten
wegen dieses Verhaltens aus Thailand rausgeworfen werden», wetterte
er am Freitag vor Reportern. Während sich asiatische Touristen
kooperativ zeigten, nähmen europäische Besucher die Masken nicht an
und gefährdeten ihre Umgebung, sagte Anutin. Später entschuldigte er
sich in einem Facebook-Beitrag für den Ausbruch.