Anwälte wollen Anklage gegen Högels Ex-Vorgesetzte zu Fall bringen

Oldenburg (dpa/lni) - Im Zusammenhang mit einer Anklage gegen
Ex-Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel hat das Landgericht
Oldenburg mehr als 1200 Seiten an Stellungnahmen erhalten. Es handelt
sich um 21 Schriftsätze von Verteidigern, Staatsanwaltschaft und
Nebenklage, wie das Landgericht Oldenburg am Mittwoch mitteilte. Die
Stellungnahmen der Verteidiger haben ein Ziel: die Nichtzulassung der
von der Staatsanwaltschaft Oldenburg im September erhobenen Anklage.
Darin wird fünf Angeklagten Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen.

«Die Anklage ist juristisch und inhaltlich falsch», sagte
Rechtsanwalt Steffen Stern, der einen der angeklagten Chefärzte
vertritt, der Deutschen Presse-Agentur. Die Annahme, es habe so etwas
wie einen ärztlichen Komplott gegeben, um den Ruf der Klinik zu
retten, sei absurd. Stern hatte mit seinen vier Anwaltskollegen im
September 2019 eine Erklärung verfasst. «Die Verteidigung ist
zuversichtlich, die Zulassung dieser skandalösen Totschlagsanklage
gegen Ärzte und medizinisches Pflegepersonal argumentativ verhindern
zu können», hieß es darin.

Die Anwälte der teils ehemaligen Mitarbeiter des Klinikums Oldenburg
stellten nun laut Landgericht sowohl Ausschluss- und
Befangenheitsanträge gegen Richter Sebastian Bührmann und
Kammermitglieder. Das Gericht hatte kürzlich mitgeteilt, dass
allenfalls eine teilweise Zulassung der Anklage in Betracht und als
Tatvorwurf Beihilfe durch Unterlassen zum Totschlag in Frage käme. In
der Anklageschrift geht es um drei Todesfälle in Oldenburg und 60 in
Delmenhorst. Högel war Anfang Juni 2019 vom Landgericht Oldenburg
wegen Mordes in 85 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt worden.