Frauenleiche in Koffer gefunden: Angeklagter schweigt zu Prozessbeginn Von Martin von Braunschweig, dpa

Nach dem Fund einer Frauenleiche in einem Koffer in Dortmund beginnt
der Prozess. Während der Angeklagte schweigt, berichten Zeugen von
dem ungewöhnlichen Einsatz.

Dortmund (dpa/lnw) - Der 24-jährige Angeklagte verbirgt sein Gesicht
hinter einem roten Aktendeckel, als er in den Gerichtssaal geführt
wird. Müde sieht der zuletzt in Zwickau lebende Afghane aus, als die
Richter seine Personalien aufnehmen. Und während der anschließenden
Verlesung der Anklage blickt der Mann nur stumm geradeaus. «Er will
keine Angaben zur Sache machen», teilt sein Verteidiger Christian
Isselhorst am Montag zum Prozessbeginn mit. Das gelte auch für den
bisherigen Lebensweg und die Frage, wie die Ehe bisher verlaufen war.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, seine Ehefrau Ende Juli in
Dortmund brutal getötet zu haben. 76 Stichverletzungen zählten die
Rechtsmediziner bei der Obduktion der Leiche. Darüber hinaus muss der
Täter sein Opfer auch mit einem Schnürsenkel stranguliert haben. Die
Leiche wurde zwei Tage nach der Tat in einem Koffer gefunden, den
vermutlich der Täter in einer Garage abgestellt hatte.

Als die Polizei zum ersten Mal in die mutmaßliche Tatwohnung gerufen
wurde, fehlte von dem toten Körper noch jede Spur. Ein Freund der
Wohnungsinhaberin hatte die Beamten alarmiert, weil er auf dem Boden
des Wohnzimmers eine große Blutlache entdeckt hatte. Bei der Mieterin
der Wohnung handelte es sich um eine Freundin der Ehefrau des
Angeklagten. Bei ihr hatte die junge Afghanin schon mehrere Wochen
gewohnt, nachdem es unter den Eheleuten offenbar einen heftigen
Streit gegeben hatte.

In der Wohnung befanden sich damals auch die beiden Kinder der
Mieterin. Auf diese hatte die Afghanin aufpassen sollen. Offenbar
haben das fünfjährige Mädchen und der neun Jahre alte Junge so gut
wie nichts von der Auseinandersetzung und der Bluttat mitbekommen.
Der Junge soll später jedoch einer Polizistin von einem «Onkel»
erzählt haben, der ihn in seinem Zimmer eingeschlossen habe. «Der
Onkel hatte ganz viele rote Punkte im Gesicht», gab die Polizistin am
Montag die Worte des Kindes wieder. Wahrscheinlich handelte es sich
bei den Punkten um Blutspritzer.

Neben der großen Blutlache im Wohnzimmer fanden sich Blutspuren auch
an zahlreichen anderen Orten der Wohnung. An den Wänden, an der
Wohnungstür und an den Fenstern. Das Opfer war nach Erkenntnissen der
Rechtsmediziner tatsächlich verblutet, nachdem die Messerklinge
zahlreiche schwere innere Verletzungen verursacht hatte.

Die Staatsanwaltschaft hat den 24-Jährigen wegen Totschlags
angeklagt. Aktuell sei keines der Mordmerkmale sicher nachzuweisen,
heißt es von Seiten der Staatsanwaltschaft. 76 Messerstiche seien für
sich genommen kein Merkmal, das aus einem Totschlag einen
juristischen Mord werden lasse. Für Mord sieht das Gesetz zwingend
eine lebenslange Haftstrafe vor. Bei Totschlag liegt der Strafrahmen
zwischen fünf und 15 Jahren.