Anstieg der Coronavirus-Fälle: China will Maßnahmen noch verschärfen

Ein sprunghafter Anstieg der Coronavirus-Infektionen in China, die
ersten Fälle in Europa: Nun räumt Peking der Bekämpfung des Erreger
s
oberste Priorität ein - und will die drastischen Maßnahmen noch
verschärfen.

Peking/Paris (dpa) - Trotz drastischer Gegenmaßnahmen breitet sich
die neue Lungenkrankheit weiter stark aus: In China stieg die Zahl
der bestätigten Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus binnen
eines Tages sprunghaft um mehr als 400 Fälle auf 1372. Das
Staatsfernsehen gab die Zahl der Toten am Samstagabend mit 41 an,
davon 39 in der schwer betroffenen Provinz Hubei mit der Metropole
Wuhan. Weltweit kommen demnach rund 30 bestätigte Fälle hinzu -
darunter die ersten drei europäischen Patienten in Frankreich.

Diese drei Infizierten sind offenbar nicht schwer erkrankt. Dem Paar,
das im Pariser Krankenhaus Bichat behandelt werde, gehe es gut,
erklärten Ärzte am Samstag bei einer Pressekonferenz. Einer von ihnen
habe noch etwas Fieber. Der 31-jährige Mann und seine 30 Jahre alte
Frau waren demnach am 18. Januar von einem Aufenthalt in Wuhan in
Frankreich angekommen.

Auch dem dritten Patienten, der in einer Klinik in Bordeaux behandelt
wird, gehe es gut, sagte der Bürgermeister der Stadt, Nicolas
Florian. Der 48-jährige Franzose chinesischer Herkunft sei im
Weingeschäft tätig und reise zwischen Frankreich und China hin und
her. Bis zu 15 Personen, mit denen er seit seiner Rückkehr nach
Frankreich in Kontakt gewesen sei, habe man identifiziert, so der
Bürgermeister. In Bordeaux wurden aufgrund des Gesundheitsrisikos die
Feiern zum chinesischen Neujahr an diesem Sonntag abgesagt.

Die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn appellierte an
Reisende aus China, bei Lungenproblemen oder Fieber keinesfalls einen
Arzt oder ein Krankenhaus aufzusuchen, sondern den Notdienst zu
kontaktieren. Der würde sie abholen und in ein Krankenhaus bringen.
Infektionen wurden bislang auch in den USA, Australien, Japan,
Südkorea, Thailand, Vietnam, Singapur und Taiwan bestätigt.

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping berief am Samstag
in Peking ein Krisentreffen ein. Alle Ebenen von Partei und Regierung
müssten dem Kampf gegen das Coronavirus höchste Priorität einräumen
,
sagte er laut der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua. Die Partei
habe eine Arbeitsgruppe eingerichtet, um das Vorgehen zu lenken.
Teams würden in die Provinz Hubei entsandt, um die Arbeit vor Ort zu
steuern.

Die Teilnehmer des Treffens forderten die lokalen Funktionäre auf,
«noch energischere Maßnahmen» zu ergreifen, um eine weitere
Ausbreitung des Virus zu verhindern und die Erkrankten zur Behandlung
in «zentralisierte Quarantäne» zu bringen. Informationen über die
Krankheit sollten demnach zeitnah und transparent veröffentlicht
werden, um Sorgen im In- und Ausland zu begegnen.

China hat bereits drastische Maßnahmen ergriffen. Mehr als 40
Millionen Menschen in gut einem Dutzend Städten im Herzen des Landes
wurden weitgehend von der Außenwelt abgeschottet, indem der Verkehr
gestoppt wurde. Besonders betroffen ist die Elf-Millionen-Metropole
Wuhan, wo das Coronavirus Ende vorigen Jahres vermutlich von einem
Tiermarkt auf Menschen übersprang.

Die Krankenhäuser der Stadt sind offenbar völlig überfordert. Nach
offiziell unbestätigten Berichten werden Patienten zurückgewiesen,
weil es nicht genug Personal und Betten gibt. Nachdem in Wuhan mit
dem Bau eines Hospitals mit 1000 Betten begonnen worden war, soll ein
weiteres mit 1300 Betten folgen. Das erste Hospital in
Schnellbauweise soll am Montag in einer Woche erste Patienten
aufnehmen, das zweite zwei Tage später.

Aus anderen Teilen Chinas wurden mehr als 1680 Ärzte und Pfleger nach
Wuhan entsandt. Auch wurden 14 000 Schutzanzüge bereitgestellt. Der
öffentliche Nah- und Fernverkehr, Zug- und Flugverbindungen wurden
gestoppt, Ausfallstraßen gesperrt. Von Sonntag an wird auch der
gewöhnliche Autoverkehr in den großen Stadtbezirken Wuhans gestoppt.

Trotz der Abschottung sei die Versorgung der Metropole nicht
gefährdet, versicherte der Gouverneur von Hubei, Wang Xiaodong. Die
Frachtkanäle blieben offen. Auch würden weiter Agrarprodukte aus
anderen Provinzen nach Wuhan transportiert. Die größte Gefahr sei die
Zu- und Abwanderung der Menschen. Daher sei die wichtigste Maßnahme
gegen die Ausbreitung des Virus die Beschränkung der
Bewegungsfreiheit. «Wenn dieses Problem nicht gelöst worden wäre,
hätte es größeren Schaden für Leben und Gesundheit der Menschen
auslösen können», rief er nach Angaben der «China Daily» zu
Verständnis für die Maßnahmen auf.

Aus Angst vor einer Einschleppung des Virus stoppt die Hauptstadt
Peking von Sonntag an ihren Busverkehr mit den Provinzen. In Peking
gibt es bereits rund 30 bestätigte Fälle.

Die Regierung ordnete landesweit Kontrollen und Hygienemaßnahmen im
Transportwesen an. An Flughäfen, Bahnhöfen, Busstationen und
Passagierhäfen sollen Fiebermessgeräte installiert werden. Auch
müssten Vorkehrungen getroffen werden, wie Infizierte isoliert oder
Verdachtsfälle beobachtet werden könnten. Am Samstag stand an vielen
Verkehrsknotenpunkten schon Personal, das mit Hand-Messgeräten die
Temperatur von Reisenden maß.