Kampf gegen unsichtbare Gegner - Die «Task-Force Infektiologie» Von Britta Schultejans, dpa

Die «Task-Force Infektiologie» am Münchner Flughafen kämpft gegen
unsichtbare Gegner: SARS, die Schweinegrippe, Lassafieber, Masern und
Windpocken. Und bald auch gegen das neue Coronavirus aus China?

München (dpa) - An die Schweinegrippe im Jahr 2009 kann Bernd
Wicklein sich noch gut erinnern. «Das war die intensivste Zeit», sagt
er. «Da waren wir jeden Tag von fünf Uhr morgens bis kurz vor
Mitternacht im Dienst. Ich konnte mich manchmal gar nicht daran
erinnern, wie ich nach Hause gekommen bin. So erschöpft sind wir
gewesen.»

Wicklein arbeitet für die «Task-Force Infektiologie» am Münchner
Flughafen. Die steht in diesen Tagen wegen des sich ausbreitenden
neuen Coronavirus in China möglicherweise wieder vor einer intensiven
Zeit - und ist noch wachsamer als ohnehin schon.

Den chinesischen Behörden zufolge liegt die Zahl nachgewiesener
Infektionen derzeit bei mehr als 1300. Mehr als 40 Patienten sind
gestorben, meist ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Und am
Freitagabend wurden aus Frankreich die ersten drei Fälle in Europa
gemeldet. Alle drei Patienten waren aus China gekommen.

Mit der Reisewelle um das chinesische Neujahrsfest wächst die Gefahr
einer Ausbreitung des Coronavirus. Um die 40 Flugbewegungen gibt es
nach Angaben eines Flughafen-Sprechers pro Woche zwischen München und
China. Die Region Wuhan wird allerdings von nirgendwo in Deutschland
direkt angeflogen.

«Trotzdem kann es natürlich auch in Deutschland zu Verdachtsfällen
kommen», sagt Wickleins Chef Martin Hoch, der Leiter der 2014 ins
Leben gerufenen Task-Force. «Aber im Moment sieht es nicht so aus,
als ob wir es mit einem zweiten Sars zu tun haben.» An Sars (Schweres
Akutes Atemwegssyndrom), das ebenfalls durch ein Coronavirus
verursacht wurde, waren 2002/2003 etwa 800 Menschen gestorben.

Sollte es einen Notfall mit ansteckenden Krankheiten geben, übernimmt
die Einheit die Einsatzleitung. Sie ist dabei nicht nur für den
Münchner Flughafen zuständig, sondern auch für die in Nürnberg und

Memmingen und die Schiffshäfen in Passau und Lindau. Ihren mit
Schutzanzügen und Atemmasken gefüllten Einsatzraum hat die Task-Force
direkt am Münchner Rollfeld - denn manchmal muss es schnell gehen.

«Wenn ein Alarm kommt, haben wir auch die Möglichkeit, ein Flugzeug
zu separieren und am Rand abzustellen, um es zu untersuchen», sagt
Siegfried Ippisch, Organisatorischer Infektionsschutzleiter der
fünfköpfigen Task-Force, der außerdem noch ein weiterer Arzt und eine

Epidemiologin angehören.

Im Verdachtsfall rücken sie dann an mit Koffern voller Schutzanzüge,
Atemmasken - und einem Fern-Fieberthermometer. Sie sprechen mit den
Patienten, finden heraus, wo sie in der Vergangenheit waren und ob
sie sich dort mit einer schweren Krankheit haben anstecken können.

Sie veranlassen eine Probenentnahme, die dann in einem Labor
untersucht wird. Und sie sorgen dafür, dass tatsächlich infizierte
Patienten so schnell wie möglich auf die Sonderisolierstation des
Schwabinger Krankenhauses gebracht werden. Das Flugzeug, mit dem sie
kamen, wird in solchen Fällen desinfiziert.

Die Einsatztruppe hat einen Alarmplan, der auch im Falle des neuen
Coronavirus in Kraft treten würde. «Es gibt da mehrere
Eskalationsstufen», sagt Ippisch. Zunächst gehe es vor allem um
Information. In Sachen Lungenkrankheit aus China sind in Bayern schon
die Ärzte informiert worden, damit sie Augen und Ohren offen halten.
In einem weiteren Schritt würden Flyer ausgeteilt und Informationen
auf Bildschirmen im Flughafen verbreitet. Bei Eskalationsstufe drei
schauen sich Kontrolleure die akommenden Passagiere ganz genau an,
wenn sie aus dem Flieger kommen.

«Aber wenn jemand ein Fiebermittel oder andere Medikamente
eingenommen hat, dann hat er möglicherweise keine Temperatur mehr und
sieht möglicherweise auch nicht mehr krank aus», sagt Ippisch. Der
letzte Schritt auf der Eskalations-Skala wäre dann beispielsweise,
Flüge aus Risikogebieten komplett zu streichen. So lange Ippisch und
Wicklein am Flughafen arbeiten, ist das noch nicht vorgekommen.

Häufig werden nach Angaben der Taskforce Masern und Windpocken
gemeldet. Und drei, vier Mal im Jahr gebe es «etwas Großes» - den
Verdacht auf Ebola oder Lassafieber zum Beispiel. Bestätigt habe der
Verdacht sich bislang nie - «zum Glück», sagt Ippisch und erzählt
eine Geschichte: «Zu Zeiten des Ebolaausbruchs in Westafrika hatten
wir mal einen dunkelhäutigen Passagier. Der war noch nie in Afrika
gewesen, hatte sich aber auf die Lippe gebissen und die Stewardess
hat das Blut gesehen. Daraufhin hat sie Ebola-Alarm ausgelöst. 150
Leute waren im Einsatz. Nach zehn Minuten hat sich das geklärt.»

Die Task-Force warnt darum davor, dass Leute in Zeiten des neuen
Coronavirus wegen ihrer Herkunft stigmatisiert werden - denn: «Wenn
jemand, der aus China kommt, Fieber bekommt oder hustet, dann handelt
es sich am wahrscheinlichsten um eine normale Erkältung und nicht um
das neue Virus.»