Virus erreicht Europa: Jetzt auch drei Lungenkranke in Frankreich

Es war wohl nur eine Frage der Zeit, bis der Coronavirus Europa
erreicht. Nun sind drei Fälle in Frankreich publik geworden. Die
französischen Behörden mahnen Reisende, die in China waren, zur
Achtsamkeit.

Paris (dpa) - Das aus China stammende neue Coronavirus hat Europa
erreicht und auch drei Menschen in Frankreich infiziert. Die
Patienten befinden sich derzeit unter Quarantäne im Krankenhaus, wie
das französische Gesundheitsministerium mitteilte. Ein Fall trat
demnach in Bordeaux auf, die anderen beiden Lungenerkrankungen wurden
in Paris diagnostiziert. Alle Patienten hätten sich zuvor in China
aufgehalten, hieß es. Die Regierung werde alles unternehmen, um eine
Ausbreitung des Erregers einzudämmen, sagte Gesundheitsministerin
Agnès Buzyn. «Wir müssen eine Epidemie behandeln wie einen
Flächenbrand.»

Alle Personen, die in engem Kontakt mit den drei Infizierten standen,
sollen überprüft werden. Zunächst waren am Freitagabend zwei Fälle

bekannt gemacht geworden, nur wenige Stunden später wurde ein dritter
Fall bestätigt - bei einem «engen Verwandten» eines der beiden
anderen Infizierten.

In Bordeaux handelt es sich den Angaben zufolge um einen 48-jährigen
Mann, der über Wuhan aus China zurückgekehrt war. In der chinesischen
Millionenmetropole waren Anfang des Jahres die ersten Fälle der neuen
Lungenkrankheit aufgetreten.

Der Mann in Bordeaux werde im Krankenhaus behandelt und stehe unter
Quarantäne, erklärte Buzyn. Er sei seit seiner Ankunft in Frankreich
mit rund zehn Personen in Kontakt gewesen. Zu dem Patienten in Paris,
der ebenfalls unter Quarantäne steht, äußerte sich die Ministerin
zunächst nicht. Auch der dritte Fall trat in der Hauptstadt auf,
hierzu gab es zunächst ebenfalls keine weiteren Details.

In China liegt die Zahl nachgewiesener Infektionen nach
Behördenangaben inzwischen bei rund 900. Mehr als 25 Patienten sind
gestorben, zumeist ältere Menschen mit Vorerkrankungen. Nachweise
wurden auch aus anderen asiatischen Ländern wie Japan, Thailand,
Vietnam, Singapur und Taiwan gemeldet. In den USA wurden bis Freitag
zwei Fälle bestätigt - in Seattle und Chicago.

Buzyn rief zur Achtsamkeit auf und appellierte an alle aus China
zurückkehrenden Reisenden, genau darauf zu achten, ob sie
Lungenprobleme oder Fieber bekämen. Im Fall der Fälle sollten sie
unter keinen Umständen einen Arzt oder Notdienst aufsuchen, sondern
den Notdienst kontaktieren. Dieser würde die Betroffenen zu Hause
abholen und direkt ins Krankenhaus bringen.

Buzyn schloss bereits am frühen Abend nicht aus, dass es noch weitere
Fälle geben könnte. Die bisher Erkrankten seien aufgrund der
effektiven Schnelltests zügig identifiziert worden. Man werde nun
täglich über die laufenden Entwicklungen informieren. Frankreichs
Außenministerium erklärte, in Wuhan werde ein Busdienst eingerichtet,
mit dem französische Staatsbürger die Großstadt verlassen könnten.


Um die Ausbreitung des Virus zu bremsen, hat China die
Bewegungsfreiheit der Menschen in mehr als zehn Städten der schwer
betroffenen Provinz Hubei mit insgesamt mehr als 40 Millionen
Einwohnern stark eingeschränkt. Nah- und Fernverkehr wurden gestoppt,
Ausfallstraßen gesperrt. Zudem sollen in der Öffentlichkeit
Schutzmasken getragen werden. In Wuhan gibt es besonders viele
Infektionen, weil das Virus dort - vermutlich auf einem Markt - von
einer Wildtierart auf den Menschen übersprang.

Die USA kündigten an, das Personal ihres Generalkonsulats und deren
Familien aus Wuhan abzuziehen. Die Anordnung erfolge wegen der
Ausbreitung des Coronavirus, der logistischen Probleme durch
Verkehrseinschränkungen und der «überwältigten Krankenhäuser» d
er
Stadt, sagte ein Botschaftssprecher. US-Präsident Donald Trump
bescheinigte den Behörden der Volksrepublik großes Engagement im
Kampf gegen die Verbreitung des Erregers: «China hat sehr hart daran
gearbeitet, das Coronavirus einzudämmen. Die Vereinigten Staaten
schätzen die Bemühungen und Transparenz sehr», schrieb er auf
Twitter. Es werde sich alles gut entwickeln.

Der Präsident der Robert Koch-Instituts relativierte die globale
Gefahr durch das neue Coronavirus. «Außerhalb Chinas gibt es bisher
keine großen Infektionsketten», sagte Lothar Wieler am Freitagabend
im «Heute Journal» des ZDF. Allerdings betonte der Mikrobiologe, man
könne die Schwere der dadurch verursachten Erkrankung noch nicht
genau beurteilen. «Wir haben keine vollständigen Informationen»,
sagte Wieler.

Die weltweiten Vorsichtsmaßnahmen begründete er unter anderem damit,
dass der neue Erreger dem Sars-Virus genetisch sehr ähnlich sei und
über die Atemwege verbreitet werde. An Sars (Schweres Akutes
Atemwegssyndrom) waren 2002/2003 etwa 800 Menschen gestorben. «Die
Schwere, die Krankheitslast der Grippe ist schwerer», sagte Wieler.
Er verwies darauf, dass Grippe-Erreger jedes Jahr viele Todesopfer
fordern. In der Saison 2017/2018 starben in Deutschland etwa 25 000
Menschen an Influenza. Es war die schlimmste Grippesaison seit
Jahrzehnten.

Ärzte in Wuhan äußerten den Verdacht, dass sich schon wesentlich mehr

Menschen angesteckt haben dürften als offiziell angegeben. Auch sei
offenkundig weitaus mehr Krankenhauspersonal betroffen als jene 15
Beschäftigten, von denen bislang offiziell die Rede sei. «Es lassen
sich infizierte Krankenhausmitarbeiter in fast allen größeren
Krankenhäusern in Wuhan finden», sagte ein Arzt der Hongkonger
Zeitung «South China Morning Post».

Chinesische Staatsmedien berichteten, in der elf Millionen Einwohner
zählenden Metropole Wuhan werde ein neues Krankenhaus mit 1000 Betten
errichtet - in nur sechs Tagen. Der Gebäudekomplex wird demnach aus
vorproduzierten Bauteilen zusammengesetzt. Das Krankenhaus soll
Anfang Februar die ersten Patienten aufnehmen.