Anprobe läuft: Neuer Look für Lokführer und Zugbegleiter der Bahn

Die Bahnmitarbeiter erhalten ein neues Outfit. Rund 900 000 einzelne
Kleidungsstücke werden dafür bundesweit ausgegeben. Für einige
Berufsgruppen gibt es nun sogar Jeans.

Frankfurt/Main (dpa) - Mehr Auswahl, moderner Schnitt und andere
Farben: Die Deutsche Bahn kleidet derzeit ihre Mitarbeiter mit
direktem Kundenkontakt neu ein. Nach zwei Testläufen steht insgesamt
43 000 Zugbegleitern, Servicemitarbeitern, Lokführern und Busfahrern
eine Auswahl an bis zu 80 Teilen in Blau und Weinrot zur Verfügung,
wie das Unternehmen mitteilte. Bisher war das Bahnpersonal an blauen
Uniformen mit knallroten Details zu erkennen. Der Entwurf stammt von
Designer Guido Maria Kretschmer, bekannt durch die Vox-Sendung
«Shopping Queen».

Die Mitarbeiter können die neue Kleidung seit Januar anprobieren und
bestellen, dann beginnt die Produktion und Auslieferung. Das dunklere
Rot im Ton «burgundy» solle sympathischer und moderner wirken und den
Mitarbeitern mehr Kombinationsmöglichkeiten bieten, sagte
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler der Deutschen Presse-Agentur. «Es
geht um einen neuen Look und um Materialien und Stoffe, die auf hohe
Akzeptanz stoßen.» Ab August wird das Personal in Zügen und Bussen
sowie an den Bahnhöfen und Reisezentren darin seinen Dienst versehen.

Frauen können sich nun auch Kleider bestellen. Neu sind zudem
Trenchcoats, Steppjacken und Blousons auch für Männer. Für Lokführe
r
und Busfahrer gibt es Jeanshosen. Zugchefs sind künftig an der
silbernen Farbe von Krawatten und Halstüchern zu erkennen - bisher
war die Anzahl von Streifen am Sakko ausschlaggebend.

Einheitliche Bekleidung gibt es in vielen Unternehmen: Krankenhäuser
geben Kittel für Pflegepersonal und Ärzte aus, Paketboten sind in
Firmenfarben unterwegs, selbst in vielen Cafés tragen die Mitarbeiter
gleiche T-Shirts. Die neue Bekleidung des Bahnpersonals wird
besonders zahlreiche Blicke auf sich ziehen: Rund 7,3 Millionen
Fahrgäste pro Tag befördert das Unternehmen eigenen Angaben zufolge
deutschlandweit in seinen Bahnen und Bussen.

Bei Unternehmensbekleidung gehe es um die Identität von Firmen und
ihr Bild nach außen, sagte der Geschäftsführer des Deutschen
Mode-Instituts in Köln, Gerd Müller-Thomkins. «Hier hat sich etwas
gedreht», sagte der Experte. «Die Dienstkleidung der Bahn ist aus
ihrer Tristesse herausgetreten, weg von ihrem uniformellen Charakter
hin zu einer Bekleidung, die auch der Vielfalt der Persönlichkeiten
Rechnung trägt.»

Die Kleidung wirke alltagstauglich, strahle Frische aus und
entspreche dem Zeitgeist. Die Bahn sende so auch Zeichen der
Solidarität an ihre Kundschaft, sagte Müller-Thomkins. Insgesamt
wirke das Outfit «positiv-optimistisch und nach vorne orientiert» -
eile damit der Realpolitik beim Thema Bahn allerdings voraus.

Insgesamt werden nach Bahn-Angaben 900 000 einzelne Kleidungsstücke
in Größen zwischen 32 (XXS) und 62 (5XL) verteilt - darunter Gürtel,

Handschuhe, Wollschals und Mützen. Zu den Kosten wollte sich das
Unternehmen nicht äußern. Zuletzt war die Unternehmensbekleidung vor
17 Jahren komplett ausgetauscht worden. An der Neuerung wird seit
zweieinhalb Jahren gearbeitet.

Anprobieren können die Mitarbeiter das neue Sortiment beispielsweise
in eigens eingerichteten Räumen an mehreren Hauptbahnhöfen. In
Frankfurt sagt Zugchefin Gertrud Schuck, sie fühle sich sehr gut in
der neuen Kleidung. Nun müsse sich noch herausstellen, ob sie ebenso
strapazierfähig sei wie die bisherige. Ihre Kollegin Manuela Wriedt
freut sich, dass sie nun im Kleid arbeiten kann - denn da könne im
Gegensatz zu einer Rock-Blusen-Kombi nichts verrutschen, wenn sie
Fahrgästen mit Koffern oder Kinderwagen helfe. Steward Karl Kosilo
lobt den neuen Hosenschnitt, der ihm beim Bedienen in der Ersten
Klasse nicht im Weg sei - die alte Kleidung sei doch «mehr das Modell
Schlaghose» gewesen. «Das ist jetzt eher so wie das, was ich im
Schrank habe.»