Lungenkrankheit: China kappt Verkehr aus Wuhan - neue Infektionen

Die chinesische Millionenmetropole, in der das Virus ursprünglich
ausgebrochen war, steht praktisch unter Quarantäne. Die Bewohner
sollen nur noch mit Masken auf die Straße gehen. Derweil steigt die
Zahl der nachgewiesenen Erkrankungen weiter an.

Peking (dpa) - Die chinesische Regierung hat die besonders schwer von
der neuen Lungenkrankheit betroffene Millionenmetropole Wuhan
praktisch abgeriegelt. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, sollten ab
Donnerstagmorgen Flüge, Zügen, Fähren und Fernbusse gestoppt werden.

Bewohner Wuhans wurden aufgefordert, die zentralchinesische Stadt
nicht mehr zu verlassen. Auch der Nahverkehr mit U-Bahnen und Bussen
wurde demnach eingestellt. In Wuhan, wo das neuartige Coronavirus
vermutlich auf einem Tiermarkt ausgebrochen war, leben rund elf
Millionen Menschen.

Zudem wurden die Menschen aufgefordert, nur noch mit Schutzmasken in
die Öffentlichkeit zu gehen. Wer in Hotels, Restaurants,
Einkaufszentren oder Parks keine Maske trage, werde bestraft,
berichtete die Zeitung «China Daily». Wuhan ist von der Krankheit
besonders schwer betroffen. Das Virus hat sich aber mittlerweile in
großen Teilen Chinas und auch über die Landesgrenzen hinaus
verbreitet. Die Krankheit war bereits in Japan, Südkorea, Taiwan,
Thailand und den USA nachgewiesen worden.

Weil immer mehr Menschen mit Grippesymptomen auf das neue Virus
getestet werden, nimmt die Zahl der bestätigten Fälle weiter zu. Bis
Donnerstag wurde das Virus bei 571 Menschen nachgewiesen, wie die
chinesische Gesundheitsbehörde berichtete. Darunter sind demnach 95
schwere Fälle, die alle in der Provinz Hubei mit der besonders schwer
betroffenen Metropole Wuhan liegen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rief trotz der rasanten Zunahme
von nachgewiesenen Infektionen mit dem neuen Virus vorerst keine
«gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite» aus. Der
Notfallausschuss, der die WHO berät, sah dafür am Mittwoch keinen
Anlass, wollte aber am Donnerstag erneut tagen. Der Notfall-Ausschuss
empfahl, den Informationsaustausch unter den Staaten weiter zu
verbessern, wie der Vorsitzende Didier Houssin sagte. Allerdings
seien sich die Mitglieder des Notfallausschusses in der Beurteilung
der Situation nicht einig gewesen.

Mit einer offiziellen «Notlage» wären weitere konkrete Empfehlungen
an Staaten verbunden gewesen, um die Ausbreitung über Grenzen hinweg
möglichst einzudämmen. Zu solchen Empfehlungen kann beispielsweise
gehören, dass Reisende auf Krankheitssymptome geprüft werden, und
dass medizinisches Personal besser geschützt wird.

Die globale Impfallianz Gavi rechnete derweil damit, dass
die  Entwicklung eines Impfstoffes gegen die neue Lungenkrankheit
mindestens ein Jahr dauern wird. Noch seien die Gefahren durch das
Coronavirus auch schwer abzuschätzen, sagte der Gavi-Geschäftsführer

und Epidemiologe Seth Berkley der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.
«Die gute Nachricht ist, dass Forscher das Genom des Virus bereits
sequenziert und veröffentlicht haben. Das hat es mehreren
Organisationen rund um die Welt möglich gemacht, mit der Arbeit an
einem Impfstoff zu beginnen», sagte er.

Impfstoffe, die gegen Coronaviren schützen, seien weitaus leichter zu
entwickeln als Vakzine gegen Krankheiten wie Malaria oder HIV.
«Trotzdem wird es bis zu ersten klinischen Versuchen Monate dauern
und mindestens ein Jahr, bevor ein Impfstoff zur Anwendung verfügbar
ist», sagte Berkley.

In Europa gab es bis Mittwoch keine Nachweise der Krankheit. Für die
Menschen in Deutschland besteht nach Einschätzung der Bundesregierung
ein «sehr geringes» Gesundheitsrisiko. Es gebe keinen Grund, jetzt in
Alarmismus zu verfallen, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU). Die EU-Präventionsbehörde ECDC sprach von einem
moderaten Risiko, dass der Erreger in die Europäische Union
eingeschleppt werde. Noch sei unklar, wie schwerwiegend und wie
tödlich die Krankheit sei, meinte ECDC-Direktorin Andrea Ammon.

Es wird vermutet, dass die Quelle des Coronavirus ein Wildtier auf
einem Fischmarkt in Wuhan war. Es wurde nach Expertenmeinung zunächst
vom Tier zum Menschen übertragen, bevor das Virus sich an seinen
neuen Wirt anpasste und es zu Übertragungen zwischen Menschen kam.
Mit der Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag
wächst die Gefahr einer Ausbreitung der Viruskrankheit. Bei der
größten jährlichen Reisewelle des Landes sind einige Hundert
Millionen Chinesen unterwegs.

Das neue Virus gehört zur selben Art wie das, das 2002/2003 die
Sars-Pandemie ausgelöst hat. Damals kamen etwa 800 Menschen dadurch
ums Leben. Das neue Virus soll nach derzeitigem Stand eine harmlosere
Variante sein. Sars-Viren gehören zu den Coronaviren, die oft
harmlose Erkrankungen wie Erkältungen verursachen. Allerdings gehören
auch Erreger gefährlicher Atemwegskrankheiten wie Mers dazu. Eine
Pandemie ist eine länder- und kontinentübergreifende Ausbreitung
einer Infektionskrankheit.