Vorerst keine «internationale Notlage» wegen Virus in China

In China leiden immer mehr Menschen an einer neuartigen
Lungenkrankheit. Mittlerweile gibt es 17 Tote. Die
Weltgesundheitsorganisation verhält sich zurückhaltend.

Genf (dpa) - Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat trotz der
rasanten Zunahme von Infektionen mit einem neuartigen Virus in China
vorerst keine «gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite»
ausgerufen. Ein Expertenrat, der die WHO berät, sah dafür am Mittwoch

keinen Anlass, wollte aber am Donnerstag weiter tagen. Die
WHO-Experten empfahlen, den Informationsaustausch zwischen den
Staaten zu verbessern.

Mit einer offiziellen «Notlage» könnten weitere konkrete Empfehlungen

an Staaten verbunden sein, um die Ausbreitung über Grenzen hinweg
möglichst einzudämmen. Zu solchen Empfehlungen kann beispielsweise
gehören, dass Reisende auf Krankheitssymptome geprüft werden sollen,
und dass medizinisches Personal besser geschützt werden soll.

Bislang sind 17 Menschen an einer durch das Coronavirus verursachten
Lungenerkrankung gestorben, wie die Regierung der chinesischen
Provinz Hubei, in der die schwer betroffene Elf-Millionen-Metropole
Wuhan liegt, am Mittwoch berichtete. Nach Angaben der chinesischen
Ausgabe der «Global Times» wurde die Lungenkrankheit bei bislang 544
Menschen nachgewiesen.

Auch außerhalb Chinas wurden weitere Infektionen mit dem Coronavirus
bekannt. Erstmals wurde ein Fall in den USA gemeldet. Nachgewiesene
Fälle gibt es auch in Japan, Südkorea, Taiwan und Thailand. In Europa
gibt es bislang keine Nachweise. Mit der gerade laufenden Reisewelle
zum chinesischen Neujahrsfest am kommenden Samstag wächst die Gefahr
einer Ausbreitung der Viruskrankheit. Bei der großen jährlichen
Reisewelle sind einige Hundert Millionen Chinesen unterwegs.

In Großbritannien werden Reisende aus Wuhan künftig bei ihrer Ankunft
auf Symptome des Coronavirus untersucht. Das teilte das britische
Gesundheitsministerium am Mittwoch mit. Ein medizinisches Team
empfange Reisende am Flughafen London Heathrow, die mit einem der
drei wöchentlichen Direktflüge aus der chinesischen Stadt ankommen.

Experten sind überzeugt, dass Reisende die neue Lungenkrankheit
zumindest vereinzelt auch nach Europa bringen werden. Das Europäische
Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC)
schätzt die Gefahr einer Einschleppung des Virus in die EU als
«moderat» ein. Die Bundesregierung sieht durch die Ausbreitung der
neuen Lungenkrankheit nur ein «sehr geringes» Gesundheitsrisiko für
die Menschen in Deutschland. Es gebe keinen Grund, jetzt in
Alarmismus zu verfallen, sagte ein Sprecher von Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU).

Es wird vermutet, dass das neue Coronavirus von einem Fischmarkt in
der zentralchinesischen Metropole Wuhan kommt, auf dem auch Wildtiere
verkauft wurden. Man gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass die
Quelle ein Wildtier auf dem Markt gewesen sei, sagte Gao Fu, Direktor
des chinesischen Zentrums für Seuchenkontrolle. Demnach gab es
zunächst Übertragungen vom Tier zum Menschen, bevor das Virus sich an
seinen neuen Wirt anpasste und es zu Übertragungen zwischen Menschen
kam.