Lungenkrankheit in China: Zahl der Nachweise und Todesfälle steigt

Das neuartige Coronavirus in China ist offenbar schon weiter
verbreitet als zunächst angenommen. Die Zahl der Nachweise steigt
unaufhörlich, zudem werden weitere Tote gemeldet. Auch Taiwan
bestätigt inzwischen eine Infektion.

Peking (dpa) - Die neue Lungenkrankheit in China hat weitere
Patienten das Leben gekostet. Insgesamt seien nun sechs Todesfälle
bestätigt, teilte die Gesundheitsbehörde der Metropole Wuhan am
Dienstag mit. Zudem wurden 77 weitere Infektionen gemeldet, wie der
Staatssender CCTV berichtete. Damit gibt es nun in China 291
bestätigte Fälle seit Beginn des Ausbruchs im Dezember. Am Dienstag
meldete zudem Taiwan die Erkrankung einer etwa 50-jährigen
Taiwanesin. Zuvor waren bereits Nachweise aus Thailand, Japan und
Südkorea bekannt geworden. Betroffen waren stets Menschen, die zuvor
in China waren. In Europa ist noch kein Fall aufgetreten.

Das Risiko für die Bevölkerung in Deutschland wird vom zuständigen
Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin derzeit als «sehr gering»
eingestuft. Diese Einschätzung könne sich aufgrund neuer Erkenntnisse
kurzfristig ändern. «Wir müssen uns in Deutschland darauf
vorbereiten, dass es zumindest in Einzelfällen auch zu
Einschleppungen der Erkrankung kommt», sagte der Berliner
Virusforscher Christian Drosten. «Kliniken müssen dann darauf
vorbereitet sein, die Patienten zu isolieren.»

Am Montag hatten die chinesischen Behörden mitgeteilt, dass eine
Übertragbarkeit des Erregers von Mensch zu Mensch bestätigt ist.
Zudem wurde bekannt, dass auch medizinisches Personal betroffen ist.
Das Virus sei bei mindestens 15 Krankenhausangestellten in Wuhan
nachgewiesen worden, hieß es später. Für Experten ist es ein
wichtiger Indikator, ob Ärzte und Pfleger von einer neuen Erkrankung
betroffen sind: Infizieren sich viele von ihnen, ist das ein Hinweis
auf eine leichte Übertragbarkeit.

Momentan werden die meisten Fälle weiterhin aus der
11-Millionen-Metropole Wuhan gemeldet. Nach derzeitiger Annahme soll
das neuartige Coronavirus auf einem dortigen Markt auf den Menschen
übergesprungen sein, von welcher Tierart, ist bisher nicht bekannt.
Mit der gerade laufenden Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest am
kommenden Samstag wächst die Gefahr einer Ausbreitung des Virus. Bei
der größten jährlichen Völkerwanderung sind einige Hundert Millione
n
Chinesen unterwegs.

Asiatische Nachbarn und mehrere Flughäfen in anderen Ländern weltweit
haben inzwischen Fieberkontrollen bei der Einreise aus Wuhan
eingeführt. Das italienische Gesundheitsministerium kündigte an,
Verdachtsfälle an Bord in Rom landender Flugzeuge aus Wuhan künftig
zu überprüfen. Piloten sollen demnach Passagiere mit entsprechenden
Symptomen melden. Diese würden dann sofort in das nationale Institut
für Infektionskrankheiten in Rom gebracht, hieß es.

Auch in Australien werden Reisende kontrolliert. Es gibt drei
Direktflüge in der Woche von Wuhan nach Sydney, jeder Flug soll von
einem Expertenteam empfangen werden. In Brisbane wurde zudem ein
Verdachtsfall untersucht: Dort ist ein Mann, der kürzlich seine
Familie in Wuhan besucht hatte und Symptome zeigte, in seinem Haus
abgeschirmt. Tests sollten klären, ob er mit dem neuartigen Virus
infiziert ist.

Die WHO hat wegen der Lungenkrankheit ihren Notfallausschuss
einberufen. Die Experten sollten am Mittwoch beraten. Sollte die WHO
einen internationalen Gesundheitsnotstand ausrufen, empfiehlt sie
damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu können
unter anderem Grenzkontrollen und das Einrichten spezialisierter
Behandlungszentren gehören. Derzeit empfiehlt die WHO keinerlei
Reise- oder Handelsbeschränkungen, gibt aber Hinweise zu generell
einzuhaltenden Hygiene- und Verhaltensregeln für Reisende nach Wuhan
in China.