Beamtenbund zweifelt an Schub für Organspende durch Bürgerämter

Die Organspende soll gestärkt werden - durch mehr Aufklärung auch in
Deutschlands Bürgerämtern. Doch es gibt Zweifel, dass das gelingt.

Berlin (dpa) - Der Beamtenbund dbb hat Zweifel, dass die Bürgerämter
in Deutschland der Organspende den erwünschten Schub geben können.
«Auch ohne zusätzliche Aufgaben ist die Arbeitsbelastung in den
Bürgerämtern - vor allem in den großen Städten - enorm», sagte d
er
dbb-Chef Ulrich Silberbach der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Der Bundestag hatte am Donnerstag nach kontroverser Debatte eine
moderate Reform der Organspende beschlossen. Künftig sollen alle
Bürger mindestens alle zehn Jahre direkt auf das Thema Organspende
angesprochen werden. Wer einen Personalausweis beantragt, ihn
verlängert oder sich einen Pass besorgt, soll Material dazu bekommen.
Schon auf dem Bürgeramt soll man sich mit Ja oder Nein in ein
geplantes zentrales Online-Register eintragen können. Auch in
Ausländerbehörden soll es so umgesetzt werden.

Silberbach mahnte: «Wir haben doch jetzt schon zum Teil wochen-,
manchmal monatelange Wartezeiten.» Eine einfache Abfrage oder die
Übergabe einer Broschüre könnte man sicher organisieren. Er frage
sich jedoch: «Aber ist der Sache damit geholfen?» Die Organspende sei

ein sehr persönliches und sensibles Thema, so der Vorsitzende des dbb
beamtenbund und tarifunion. «Für Beratungsgespräche jedenfalls sind
die Kolleginnen und Kollegen in den Bürgerämtern weder geschult noch
personell aufgestellt.» Eine Beratung in den Ämtern ist durch die
Reform allerdings auch nicht vorgesehen.

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz sieht durch die
beschlossene Entscheidungsregelung einen Erfolg hin zu mehr
Spenderorganen noch nicht als ausgemacht an. Sie könne nur der Anfang
sein, das Organspendesystem in Deutschland zu verbessern, sagte
Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. «Denn die
Informationspolitik muss sich grundsätzlich ändern.» Schließlich
hätten Werbung und Marketing in den letzten Jahren nichts gebracht.

«Um selbstbestimmt entscheiden zu können, braucht es neutrale,
ergebnisoffene sowie umfassende Aufklärung und Beratung», forderte
Brysch. «Die staatliche Verantwortung fängt hier an und muss bis zu
Organisation und Kontrolle des Organspendesystems gehen.» Gefordert
sei hier nun Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Ein Entwurf einer
Abgeordnetengruppe um Spahn war im Parlament durchgefallen. Er hatte
vorgesehen, dass jeder als Spender gilt, außer man widerspricht.

Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Schmidtke,
zeigte sich in der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitag) offen dafü
r,
den Vorschlag der Gruppe um Spahn in der nächsten Wahlperiode erneut
auf die Tagesordnung zu setzen. Sie ging davon aus, dass die jetzt
vom Bundestag beschlossene «erweiterte Zustimmungslösung» keinen
nennenswerten Effekt haben werde.