Bundestag beschließt moderate Organspende-Reform

Wie können die Regeln geändert werden, damit mehr Menschen nach dem
Tod Organe für Schwerkranke überlassen? Das Parlament lässt eine
radikale Umstellung durchfallen, votiert aber für mehr Nachdruck.

Berlin (dpa) - Die Bundesbürger sollen künftig stärker zu einer
konkreten Entscheidung über Organspenden bewegt werden. Der Bundestag
beschloss am Donnerstag einen Entwurf einer Abgeordnetengruppe um
Grünen-Chefin Annalena Baerbock, der dafür etwa regelmäßige Hinweis
e
auf das Thema beim Ausweisabholen vorsieht. In der entscheidenden
dritten Lesung votierten 432 Abgeordnete dafür, 200 Parlamentarier
stimmten dagegen, 37 enthielten sich. Damit bleiben Organspenden in
Deutschland auch nur mit ausdrücklich erklärter Zustimmung erlaubt.

Zuvor war ein Vorstoß einer anderen Gruppe um Gesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) im Bundestag gescheitert. Sie hatte eine «doppelte
Widerspruchslösung» vorgeschlagen, wonach künftig jeder als Spender
gelten sollte - außer man widerspricht.

Der nun beschlossene Gesetzentwurf der Gruppe um Baerbock und
Linke-Chefin Katja Kipping lehnte einen derart tiefen Eingriff in die
Selbstbestimmung ab. Stattdessen sollen alle Bürger mindestens alle
zehn Jahre direkt angesprochen werden. Wer ab dem Alter von 16 Jahren
einen Personalausweis beantragt, ihn verlängert oder sich einen Pass
besorgt, soll auf dem Amt Informationsmaterial bekommen. Beim Abholen
soll man sich dann vor Ort oder auch später zu Hause in ein neues
Online-Register eintragen können - mit Ja oder Nein. Selbst beraten
sollen Ämter ausdrücklich nicht.

Für eine regelmäßige Aufklärung sollen auch Hausärzte eine grö
ßere
Rolle spielen. Sie sollen Patienten bei Bedarf alle zwei Jahre über
Organspenden informieren und zum Eintragen ins Register ermuntern -
aber ergebnisoffen und mit dem Hinweis, dass es weiter keine Pflicht
zu einer solchen Erklärung gibt. Grundwissen über Organspenden soll
auch Teil der Erste-Hilfe-Kurse vor einer Führerscheinprüfung werden.
Im Online-Register sollen Entscheidungen jederzeit zu ändern sein.

Gemeinsames Ziel beider Initiativen ist es, angesichts von rund 9000
Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organspenden zu kommen. Die
Zahl der Spender ging im vergangenen Jahr wieder leicht auf 932
zurück, nachdem 2018 noch 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für
andere Patienten überlassen hatten. Es gab nun aber weiterhin mehr
Spender als beim bisherigen Tiefstand von 797 im Jahr 2017. Im
vergangenen Jahr wurden 2995 Organe an die Vermittlungsstelle
Eurotransplant übergeben - vor allem Nieren, Lebern und Lungen.

Unabhängig von der Debatte über neue Regeln gilt seit vergangenem
Jahr ein Gesetz, das die Bedingungen für Organspenden in Kliniken
verbessern soll. Es sieht mehr Geld sowie mehr Kompetenzen und
Freiräume für Transplantationsbeauftragte der Kliniken vor. Mobile
Ärzteteams sollen kleineren Häusern ohne eigene Experten helfen,
einen Hirntod als Voraussetzung für Organ-Entnahmen festzustellen.