Bundestag lehnt «Widerspruchslösung» für Organspenden ab
Es geht um die Klärung einer sensiblen Frage: Wie drastisch sollten
die Regeln geändert werden, damit mehr Menschen nach dem Tod Organe
für Schwerkranke überlassen? Eine radikale Umstellung fällt durch.
Berlin (dpa) - Organspenden bleiben in Deutschland weiterhin nur mit
ausdrücklicher Zustimmung erlaubt. Der Bundestag lehnte am Donnerstag
einen Vorstoß einer Abgeordnetengruppe um Gesundheitsminister Jens
Spahn (CDU) ab, dieses Prinzip umzukehren. Sie hatte eine «doppelte
Widerspruchslösung» vorgeschlagen, wonach künftig jeder als Spender
gelten sollte - außer man widerspricht. Der Gesetzentwurf fand aber
keine Mehrheit. In namentlicher Abstimmung votierten 379 Abgeordnete
dagegen, 292 Parlamentarier unterstützten ihn, 3 enthielten sich.
Damit sollte im Parlament nun über einen zweiten Entwurf abgestimmt
werden, den eine Gruppe um Grünen-Chefin Annalena Baerbock und die
Linke-Vorsitzende Katja Kipping eingebracht hat. Sie schlägt vor,
alle Bürger mindestens alle zehn Jahre beim Ausweisabholen auf das
Thema Organspende anzusprechen. Dabei soll auch auf die Möglichkeit
hingewiesen werden, eine Entscheidung dazu in ein neues zentrales
Online-Register einzutragen. Auch Hausärzte sollen bei Bedarf alle
zwei Jahre über Organspenden informieren.
Gemeinsames Ziel beider Initiativen ist es, angesichts von rund 9000
Patienten auf den Wartelisten zu mehr Organsspenden zu kommen. Die
Zahl der Spender ging im vergangenen Jahr wieder leicht auf 932
zurück, nachdem 2018 noch 955 Menschen nach ihrem Tod Organe für
andere Patienten überlassen hatten. Es gab nun aber weiterhin mehr
Spender als beim bisherigen Tiefstand von 797 im Jahr 2017. Im
vergangenen Jahr wurden 2995 Organe an die Vermittlungsstelle
Eurotransplant übergeben - vor allem Nieren, Lebern und Lungen.
Unabhängig von der Debatte über neue Regeln gilt seit vergangenem
Jahr ein Gesetz, das die Bedingungen für Organspenden in Kliniken
verbessern soll. Es sieht mehr Geld sowie mehr Kompetenzen und
Freiräume für Transplantationsbeauftragte der Kliniken vor. Mobile
Ärzteteams sollen kleineren Häusern ohne eigene Experten helfen,
einen Hirntod als Voraussetzung für Organ-Entnahmen festzustellen.