Jeder vierte Schüler mit psychischen Problemen

Sie ziehen sich zurück, sind antriebslos, schaffen es kaum noch zur
Schule: Depressionen können auch Kinder betreffen. Nahezu jeder
vierte Schüler im Norden hat seelische Probleme. Wer wegen Depression
ins Krankenhaus muss, ist dort häufig nicht nur einmal.

Kiel (dpa/lno) - Sprachstörungen, Ängste, sogar Depressionen - fast
jedes vierte Schulkind in Schleswig-Holstein leidet an psychischen
Problemen. Laut einer am Dienstag in Kiel vorgelegten Untersuchungen
der Krankenkasse DAK sind 24 Prozent aller Jungen und Mädchen im
Schulalter von einer psychischen Erkrankung oder Verhaltensstörung
betroffen. Bei mehr als zwei Prozent aller Kinder und Jugendlichen
zwischen 10 und 17 Jahren seien sogar Depressionen und Angststörungen
diagnostiziert worden. Bei Mädchen traf das dabei doppelt so häufig
zu wie bei Jungen. Hochgerechnet sind das 9500 Schüler im Land.

«Wir wollen das Tabu brechen, das psychische Erkrankungen noch immer
umgibt», erklärte der Leiter der DAK-Landesvertretung, Cord-Eric
Lubinski. «Die betroffenen Kinder leiden oft leise, bevor sie eine
passende Diagnose bekommen.» Alle müssten aufmerksamer werden - in
der Familie, in der Schule oder im Sportverein - und nachhaltig
helfen.

Im Auftrag der DAK hatte die Universität Bielefeld die Gesundheits-
und Versorgungssituation von Jungen und Mädchen umfassend untersucht.
In den Report gingen anonymisierte Behandlungsdaten der Jahre 2016
und 2017 von fast 41 000 Mädchen und Jungen ein. Hinsichtlich der
Alters- und Geschlechtsverteilung seien sie repräsentativ für die
junge Gesamtbevölkerung in Schleswig-Holstein, hieß es.

In der Häufigkeit noch vor psychischen Erkrankungen oder
Verhaltensstörung rangierten nur Atemwegserkrankungen, Infektionen,
Augenkrankheiten sowie Muskel- und Skelett-Erkrankungen. Im
Bundesvergleich litten Schüler im Norden überdurchschnittlich an
Entwicklungsstörungen und Depressionen. Neun Prozent aller
depressiven Kinder mussten 2016 oder 2017 ins Krankenhaus, oft auch
mehrmals innerhalb dieser zwei Jahre. Eine Re-Hospitalisierungsquote
von 22 Prozent sei alarmierend. «Wir haben offenkundige
Versorgungslücken nach der Krankenhausentlassung, die wir dringend
schließen müssen», erklärte Lubinski.

Knapp jeder sechste Junge in Schleswig-Holstein mit einer
diagnostizierten Depression hatte parallel auch eine Angststörung.
Bei den Mädchen war es fast jedes vierte. In schweren depressiven
Episoden haben junge Patienten Schwierigkeiten, ihre alltäglichen
Aktivitäten fortzusetzen. Sie ziehen sich stark zurück, schaffen es
kaum noch, in die Schule zu gehen. Chronische Krankheiten erhöhen das
Risiko, depressiv zu werden. So tragen Kinder mit einer chronischen
körperlichen Erkrankung besonders im Jugendalter ein bis zu 4,5-fach
erhöhtes Depressionsrisiko, gibt der Report an. Für eine Angststörung

sei das Risiko bis zu 3-fach erhöht.