HIV: Weniger Neuinfektionen, aber Tausende unwissentlich positiv

Berlin (dpa) - Im vergangenen Jahr haben sich laut Robert
Koch-Institut (RKI) weniger Menschen in Deutschland mit HIV
angesteckt. Nach einer Schätzung liege die Zahl der Neuinfektionen
bundesweit bei 2400, das seien hundert Fälle weniger als im Jahr
zuvor, teilte das RKI Mitte November in Hinblick auf den
Welt-Aids-Tag an diesem Sonntag mit. Die Zahlen werden jährlich neu
errechnet, da HIV oftmals erst Jahre nach der Ansteckung
diagnostiziert wird. Sie sind nicht zu verwechseln mit den
tatsächlich gemeldeten Neudiagnosen.

Der Trend kommt nach Institutsangaben aus der wichtigsten
Betroffenengruppe: Bei homo- und bisexuellen Männern sei die Zahl der
geschätzten HIV-Neuinfektionen seit 2012 um gut ein Viertel auf nun
1600 zurückgegangen. Wahrscheinlich liege dies in erster Linie an
gesteigerter Testbereitschaft und einer Ausweitung der Testangebote.
Auch die Empfehlung, sofort mit einer Behandlung zu beginnen, habe
offenbar zu dem Erfolg beigetragen.

Insgesamt geht das Institut von fast 88 000 HIV-Infizierten in
Deutschland aus, schätzungsweise mehr als 10 000 von ihnen wissen
aber noch nichts davon. Dadurch könne das Virus unbeabsichtigt
weitergegeben werden. Auch die Sterblichkeit sei bei späten Diagnosen
höher. 2018 starben nach RKI-Angaben schätzungsweise 440 Menschen an

den Folgen einer HIV-Infektion, seit Beginn der Epidemie in den
1980er Jahren rund 29 000.

«Mit HIV kann man heute bei rechtzeitiger Diagnose leben wie alle
anderen Menschen», erklärte die Deutsche Aidshilfe. Die Organisation
nimmt an, dass auch die HIV-Vorbeugung mit Medikamenten (sogenannte
Prä-Expositionsprophylaxe, kurz PrEP) wahrscheinlich mit zum Rückgang

der Neuinfektionen beigetragen hat. Diese sei seit Herbst 2017 zu
erschwinglichen Preisen erhältlich, seit 1. September übernähmen die

gesetzlichen Krankenkassen die Kosten. «Die PrEP muss nun noch
bekannter gemacht werden.» Das RKI hält hingegen noch weitere
Analysen für nötig, um den Einfluss der PrEP zu beurteilen. Bei der
PrEP nehmen HIV-negative Menschen ein Medikament ein, um sich vor
einer HIV-Ansteckung zu schützen.