Spahn: Masern-Impfpflicht ist Kinderschutz

Nach langen Diskussionen will der Bundestag eine Masern-Impfpflicht
besiegeln - das soll gefährliche Infektionen rigoroser eindämmen. Der
Minister verteidigt den erhöhten staatlichen Druck gegen Bedenken.

Berlin (dpa) - Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat die geplante
Impfpflicht gegen Masern in Kitas und Schulen gerechtfertigt. «Das
ist ein Kinderschutzgesetz», sagte der CDU-Politiker der Deutschen
Presse-Agentur vor der Verabschiedung der Neuregelungen am Donnerstag
(ca. 11.35 Uhr) im Bundestag. Zu seiner Vorstellung des
Freiheitsbegriffs gehöre nicht nur die eigene Unversehrtheit. Sondern
auch, dass jemand nicht jemanden anderes in einer
Gemeinschaftseinrichtung unnötig gefährde. Deswegen seien die
geplanten Vorgaben «gut ausbalanciert».

Spahn betonte: «Masern sind keine Kinderkrankheit.» Sie könnten einen

tödlichen Verlauf nehmen. Nach den Plänen der großen Koalition sollen

Eltern ab März 2020 vor Aufnahme ihrer Kinder in Kitas oder Schulen
nachweisen müssen, dass diese geimpft sind. Die Pflicht soll auch für
Personal in Kitas und Schulen sowie unter anderem für Beschäftigte in
medizinischen Einrichtungen kommen. Bei Verstößen sollen Bußgelder
bis zu 2500 Euro drohen. Gegen einen solchen staatlichen Eingriff
hatte unter anderem der Deutsche Ethikrat Bedenken angemeldet. Ärzte
unterstützen dagegen den vorgesehenen höheren Druck für Impfungen. In

Deutschland wurden in diesem Jahr nach Angaben des Robert
Koch-Instituts bisher rund 500 Masern-Fälle gemeldet.

Spahn hob hervor, Impfungen seien eine der größten Errungenschaften
der Menschheit. «Wir finanzieren weltweit mit deutschen Steuergeldern
Impfprogramme, weil wir Krankheiten ausrotten wollen.» Dies sei bei
Pocken gelungen. Bei der Kinderlähmung sei man auf dem Weg, Ziel sei
es auch bei Masern. «Das kann nur gelingen, wenn möglichst alle sich
und ihre Kinder impfen lassen.» Es gehe darum, viele zu überzeugen
und auch zu erinnern - das gehöre ebenfalls dazu.

Nun würden vor allem Masern in den Blick genommen, auch weil sie
durch Tröpfcheninfektion sehr leicht übertragbar seien - deutlich
mehr als Grippe oder andere Erkrankungen, erläuterte Spahn. Er setze
aber schon darauf, «dass durch den Besuch beim Arzt, durch das
Gespräch übers Impfen gleichzeitig die Bereitschaft wächst, sich auch

gegen andere Erkrankungen impfen zu lassen». Mittlerweile gebe es
etwa auch einen Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs. «Wenn wir es
schaffen, alle jungen Frauen und Mädchen zu impfen, dann könnten wir
diesen Krebs ausrotten.» Kinderärzte werben für eine weitergehende
Impfpflicht auch für andere ansteckende Krankheiten wie Keuchhusten.

Das Gesetz sieht neben der Masern-Impflicht weitere Neuregelungen
vor. So sollen Opfer von Vergewaltigungen eine «vertrauliche
Spurensicherung» mit Untersuchungen etwa auf Sperma, K.o.-Tropfen
oder Alkohol künftig bundesweit von den gesetzlichen Krankenkassen
bezahlt bekommen. Ein erweitertes Werbeverbot solle Jugendliche
stärker vor unnötigen Schönheitsoperationen bewahren.