Opfer im Stromschlag-Prozess: «Als würde mein Gehirn brennen»

Eine junge Frau hält sich zwei unter Strom stehende Löffel an die
Schläfen - und versetzt sich einen lebensbedrohlichen Schlag. Im
Prozess um einen falschen Arzt in München werden vor Gericht
schockierende Aufnahmen gezeigt.

München (dpa/lby) - Der Angeklagte im Münchner Prozess um
lebensgefährliche Stromstöße hat sich am Mittwoch bei einem seiner
zahlreichen Opfer entschuldigt. «Ich wollte nur mal sagen, dass das
ein moralischer Fehler war und schlecht war», sagte er zu einer 27
Jahre alten Studentin aus Berlin, die er als angeblicher Arzt per
Skype dazu gebracht haben soll, sich selbst heftige Stromschläge
zuzufügen. «Ich möchte mich wirklich bei Ihnen entschuldigen.» Die

Frau, die als Nebenklägerin in dem Aufsehen erregenden Verfahren um
88-fachen Mordversuch auftritt und als Zeugin gehört wurde, sagte:
«Ich finde es stark, dass die Entschuldigung kommt.»

Die zweite Nebenklägerin, eine Studentin aus Hessen, wollte nicht,
dass der Angeklagte sich an sie wendet. «Ich will mir das nicht
anhören.» Sie habe zuvor schon einen Brief seiner Eltern erhalten,
der sie schockiert habe. Sie hätten ihren Sohn darin als kranken Mann
mit Asperger-Syndrom beschrieben und um Verständnis gebeten. «Das war
zuviel für mich», sagte die junge Frau, die selbst an einer
psychischen Erkrankung leidet und noch heute sehr mit den Erlebnissen
von damals zu kämpfen habe. Sie habe Freunde mit dem
Asperger-Syndrom. «Auch Asperger-Autisten haben einen Sinn dafür, was
richtig ist und was falsch.»

Zuvor waren vor Gericht schockierende Ausschnitte aus dem Videochat
des Angeklagten mit der Zeugin zu sehen. Die junge Frau hält sich
dabei zwei unter Strom stehende Löffel an die Schläfen, bevor direkt
danach der Strom ausfällt und der Chat unterbrochen wird. Sie sei
dann in den Keller gegangen, um die Sicherung wieder einzuschalten,
sagte sie - und nahm danach wieder Kontakt auf zu dem Mann, den sie
nicht sehen konnte, der aber angab Mediziner von der Uni-Klinik
Gießen zu sein.

In dem Chat-Protokoll, das vor Gericht verlesen wurde, forderte der
fremde Mann, bei dem es sich um den Angeklagten handeln soll, die
Frau auf, es noch einmal zu versuchen, ihre Schläfen aber dieses Mal
mit Wasser zu befeuchten. «Wie hat sich das für sie angefühlt»,
wollte er nach dem ersten lebensgefährlichen Stromschlag wissen. Zu
weiteren kam es glücklicherweise nicht - auch weil die Frau zuviel
Angst hatte. Die Antwort auf seine Frage gab die Zeugin dann vor
Gericht: «Es hat sich angefühlt, als würde mein Gehirn brennen.»