Uniklinik Homburg weist Vertuschungsvorwürfe zurück

Ein neuer Verdachtsfall von sexuellem Kindesmissbrauch an der
Uniklinik in Homburg ist erst nach Jahren bekanntgeworden. Die Mutter
sei aber informiert gewesen, sagt die Klinikleitung.

Homburg/Saarbrücken (dpa/lrs) - Bei einem neuen Verdachtsfall von
sexuellem Kindesmissbrauch am Universitätsklinikum des Saarlandes
(UKS) in Homburg hat die Klinikleitung Vertuschungsvorwürfe
zurückgewiesen. «Die Mutter des Kindes war seitens der Klinik
informiert worden», teilte der Ärztliche Direktor des UKS, Wolfgang
Reith, am Mittwoch mit. Mit der Mutter sei erneut 2019 ein Gespräch
geführt und es sei ihr Akteneinsicht ermöglicht worden. Am Dienstag
war bekanntgeworden, dass ein Mädchen im Juli 2012 in der dortigen
Hals-, Nasen-, Ohrenklinik mutmaßlich missbraucht worden sein soll.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dem Fall gegen unbekannt.

Die Klinik bestätigte, dass bei dem Kind damals eine Verletzung im
Analbereich festgestellt worden war. Mitarbeiter der Rechtsmedizin
und der Kinderschutzgruppe seien zur Untersuchung hinzugezogen
worden. Die genaue Ursache der Verletzung habe aber nicht geklärt
werden können, teilte Reith mit.

Das Kind sei am Tag seiner Operation in der Klinik in
«kontinuierlicher Betreuung zuerst durch die Mutter und anschließend
unmittelbar durch OP-Personal» gewesen. Nach Übernahme in den
OP-Trakt seien immer mehrere Personen vor Ort gewesen. Die Verletzung
sei dann während der Narkose bei der Verabreichung eines Zäpfchens
festgestellt worden, hieß es. Über den Verdachtsfall hatte die
«Frankfurter Rundschau» am Dienstag erstmals berichtet.

Der neue mutmaßliche Missbrauchsfall am UKS, der Jahre später in die
Öffentlichkeit dringt, hatte unter saarländischen Politikern Empörung

ausgelöst. Ende Juni war bekannt geworden, dass ein 2016 gestorbener
Assistenzarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKS in Homburg von
2010 bis 2014 mehrere Kinder bei Untersuchungen sexuell missbraucht
haben soll. Die Eltern der insgesamt 34 möglicherweise betroffenen
Kinder waren erst diesen Sommer darüber informiert worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte damals wegen der Verdachtsfälle
ermittelt - das Verfahren aber nach dem Tod des Arztes eingestellt.
Das UKS berichtete am Mittwoch, von den 34 Kontaktierten hätten sich
mittlerweile fünf Personen oder Familien zurückgemeldet, vier davon
eine Akteneinsicht gewünscht - und bekommen. Zudem seien rund 300
weitere ehemalige Patienten jenes Arztes über die im Raum stehenden
Vorwürfe informiert worden. Da hätten sich aus insgesamt 60 Anfragen
33 Akteneinsichten oder Gespräche am UKS ergeben.

«Die Klinikleitung ist nach wie vor dabei, Transparenz zu schaffen»,
sagte Reith. Zu dem Verdacht, der gestorbene Assistenzarzt solle auch
in seiner Freizeit als Judotrainer Kinder sexuell missbraucht haben,
teilte er mit: «Die Klinikleitung ist nicht über Fälle sexuellen
Missbrauchs im Bereich des Judovereins informiert.»