Jeder neunte Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern leidet an Diabetes

Zuckerkranke müssen streng auf ihre Ernährung achten und den
Blutzuckerspiegel genau unter Kontrolle halten. Telemedizin soll
dabei helfen, dass auch mit Diabetes der Alltag rund läuft und Ärzte
bei Bedarf rasch eingreifen können.

Schwerin (dpa/mv) - In Mecklenburg-Vorpommern sind 182 000 Menschen
und damit etwa jeder neunte Einwohner zuckerkrank. Wie aus dem am
Dienstag in Schwerin vorgelegten Gesundheitsatlas der AOK Nordost
hervorgeht, leiden im Nordosten aktuell 11,3 Prozent der Bevölkerung
an der Volkskrankheit Typ-2-Diabetes. Damit liegt der Anteil deutlich
über dem bundesweiten Durchschnitt von 8,6 Prozent. «Das zeigt, wir
haben Handlungsbedarf, sowohl in der Prävention als auch bei der
Betreuung der Betroffenen», sagte Juliane Venohr, Leiterin der
Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern der AOK Nordost.

So förderte die Analyse der mit 420 000 Versicherten landesweit
größten gesetzlichen Krankenversicherung zutage, dass es in
Mecklenburg-Vorpommern gravierende regionale Unterschiede gibt. So
lag der Anteil der Zuckerkranken in Rostock (8,8) und Schwerin (8,9)
nur knapp über dem Bundesdurchschnitt. Am weitesten verbreitet ist
die auch als Altersdiabetes bezeichnete Krankheit mit knapp 12,8
Prozent im Landkreis Mecklenburgische Seenplatte.

«Jeder zweite Patient ist 70 Jahre und älter und viele von ihnen
leben in den eher ländlichen Regionen», sagte Vernohr. Darauf
reagiere die AOK und versuche, möglichst viele Betroffene mit hohen
Blutzuckerwerten und regelmäßiger Insulingabe in die telemedizinische
Betreuung aufzunehmen. Ein von dem Potsdamer Unternehmen Emperra GmbH
entwickeltes System verbinde handelsübliche Technologie zur
Blutzuckerselbstkontrolle und zur Selbstinjektion von Insulin mit
automatisierter Datenerhebung und -übermittlung.

Wie Diego Schmidt, Telemedizinexperte und Mitglied der Deutschen
Diabetesgesellschaft, erklärte, werden die Blutzuckerwerte und die
gespritzten Insulineinheiten in einem digitalen Diabetestagebuch
erfasst, auf das der behandelnde Arzt jederzeit zugreifen kann. «Ohne
dass der Patient in die oft doch weiter entfernte Arztpraxis reisen
muss, ist der Arzt stets über dessen Situation im Bilde und kann bei
Bedarf sofort eingreifen», sagte Schmidt.

Das Verfahren habe sich in der Praxis bewährt. Es erspare Patienten
neben den Wegen zum Arzt auch das Führen eines schriftlichen
Tagebuchs und gebe ihnen Sicherheit, sagte Peter Henninger, Landarzt
auf Rügen. Mit den digitalen Möglichkeiten könne die Versorgung in
ländlichen Regionen spürbar optimiert werden. Es seien weniger
Hausbesuche nötig. «Der Datenstatus ist stets aktuell verfügbar und
ein Ampelsystem zeigt an, wo ärztliches Eingreifen dringend nötig
ist», sagte Henninger. Laut AOK sind in Mecklenburg-Vorpommern
bislang knapp 500 Patienten, die regelmäßig Insulin spritzen müssen,

in das elektronische Kontrollsystem integriert.

Angesicht der Zunahme bei Diabetes-Erkrankungen machte Venohr aber
auch deutlich, dass die Prävention an Bedeutung gewinne. «Falsche
Ernährung und ein Mangel an Bewegung mit der Folge von Übergewicht
sind oft die Gründe für die Erkrankung. Mit der Vorbeugung kann man
nicht früh genug beginnen. Deshalb gehen wir auch in Kitas und
Schulen, um für gesunde Lebensweise zu werben.»

Für die Erstellung des Diabetes-Atlas habe das Wissenschaftliche
Institut der AOK Abrechnungsdaten der Kasse aus dem Jahr 2017
genutzt, sagte Venohr. Zudem seien weitere Daten berücksichtigt
worden, so dass die nun vorliegenden Erhebung ein repräsentatives
Bild von der Situation in Mecklenburg-Vorpommern zeichne.

Nach Angaben der Deutschen Diabetes Hilfe leiden bundesweit mehr als
sechs Millionen Menschen an Diabetes. Innerhalb von 20 Jahren ging
die Zahl der Betroffenen um gut ein Drittel nach oben. Schätzungen
zufolge weiß etwa jeder Fünfte noch nichts von seiner Erkrankung.