Städtetag fordert Ausgleich für hohe Kosten durch neues Pflege-Gesetz

Für die Städte als Träger der Sozialhilfe könnte das neue
Pflege-Gesetz Mehrkosten von jährlich einer halben Milliarde Euro
verursachen. Das will der Städtetag nicht so einfach hinnehmen.

Berlin (dpa) - Der Deutsche Städtetag rechnet durch das neue Gesetz
zur Entlastung der Angehörigen Pflegebedürftiger mit Mehrkosten von
jährlich 500 Millionen Euro für die Städte und fordert einen
entsprechenden Ausgleich. Dieser sei gesetzlich bisher nicht
vorgesehen, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen
Städtetages, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag).
Nachgewiesene Mehrbelastungen müssten den Kommunen vollständig
ausgeglichen werden. Es sei gut, «dass die Koalitionsfraktionen
zusätzlich fordern, dass der Bund die Kostenentwicklung für die
Kommunen bis 2025 evaluieren muss».

Nach dem Gesetz, das der Bundestag am Donnerstagabend verabschiedet
hatte, müssen sich Töchter und Söhne der Betroffenen erst ab einem
jährlichen Bruttoeinkommen von 100 000 Euro finanziell an der Pflege
der Eltern beteiligen. Bevor diese Regelung in Kraft treten kann,
muss nach dem Bundestag aber auch noch der Bundesrat grünes Licht
geben. Die Städte sind Träger der Sozialhilfe.

Dedy sagte, das Ziel des Angehörigen-Entlastungsgesetzes sei richtig
und wichtig, weil es Kinder in der Pflege ihrer Eltern entlaste und
Eltern bei der Pflege von Kindern. «Allerdings werden sich durch die
neuen Einkommensgrenzen für Angehörige von 100 000 Euro
Jahreseinkommen viel weniger Angehörige an den Pflegekosten
beteiligen.»

Die Städte erwarten, dass stationäre und ambulante Pflegeleistungen
künftig mehr nachgefragt werden, weil sich Angehörige seltener an den
Kosten beteiligen müssen. Außerdem werde die Zahl pflegebedürftiger
Menschen in den nächsten Jahren aufgrund der demografischen
Entwicklung stark ansteigen, sagte Dedy.

Die Eigenbeteiligung von Pflegebedürftigen für einen Heimplatz stieg
im Bundesschnitt zuletzt auf knapp 1930 Euro. Das waren gut 110 Euro
mehr als ein Jahr zuvor. Bundesweit am höchsten sind die selbst zu
zahlenden Beiträge weiter in Nordrhein-Westfalen mit nun 2406 Euro.
Am preiswertesten sind Heimplätze derzeit in Mecklenburg-Vorpommern,
wo 1346 Euro selbst bezahlt werden müssen. Diese Angaben stammen von
der «Pflegedatenbank» des Verbands der privaten Krankenversicherung.

Die Grünen wollen den Pflege-Eigenanteil für Heimbewohner bei
deutlich unterhalb von 690 Euro monatlich deckeln.
«Pflegebedürftigkeit wird immer mehr zu einem Armutsrisiko in
Deutschland. Davor haben viele Menschen Angst», sagte
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt dem RND (Freitag). In
einem Antrag, der an diesem Freitag im Bundestag beraten werden soll
und dem RND vorliegt, fordern die Grünen eine «doppelte
Pflegegarantie» - für Heimbewohner und für Pflegebedürftige daheim.


Mit dem Vorstoß reagieren sie unter anderem auf zuletzt stark
gestiegene Heimkosten. «Aktuell bezahlt die Pflegeversicherung einen
Festbetrag, während die pflegebedürftigen Menschen alle darüber
hinausgehenden Kosten tragen müssen», sagte Grünen-Pflegeexpertin
Kordula Schulz-Asche dem RND. Der Pflege-Eigenanteil, den
Pflegebedürftige monatlich selbst für die Pflege tragen, soll laut
Antrag gedeckelt werden: «Für die stationäre Pflege deutlich
unterhalb der derzeitig durchschnittlich 690 Euro, für die ambulante
Pflege darunter.» Die Deckelung soll allein für die Pflege-Kosten
gelten, nicht für Unterkunft und Verpflegung.

Zur Gegenfinanzierung fordern die Grünen laut RND die Einführung
eines Steuerzuschusses zur Pflegeversicherung. Diese soll zudem an
anderer Stelle von Ausgaben befreit werden.

Bislang springt zunächst das Sozialamt ein, wenn Pflegebedürftige die
Heimkosten nicht mehr zahlen können. In vielen Fällen holen sich die
Behörden das Geld aber zumindest teilweise von den Angehörigen
zurück.